Russland und Japan lockern Positionen. | EU-Ziele weiterhin am ehrgeizigsten. | Cancun. Die Klimaverhandlungen beim UN-Gipfel im mexikanischen Cancun gehen in die entscheidende Phase. Nun sitzen nicht mehr Diplomaten um den Verhandlungstisch, sondern die Umweltminister. Pünktlich dazu hat die Konferenzleitung einen neuen, inoffiziellen Verhandlungstext vorgelegt.
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"Der Text ist wie eine Speisekarte", sagt Tara Rao von der Umweltorganisation WWF. Die Minister müssen jetzt auswählen - treffen sie relevante Entscheidungen oder begnügen sie sich mit Absichtserklärungen?
Bewegung von Japan: Kyoto-Fortbestand?
Noch läuft alles nach Plan. "Mich wundert, dass es noch nicht zu einem Crash gekommen ist", sagt ein hochrangiger Vertreter der deutschen Delegation. Die Verhandlungen laufen und laufen und der Zusammenstoß bleibt aus. Die schwerste Belastung ist derzeit die Weigerung Japans, bei einer Verlängerung des Kyoto-Protokolls mitzumachen, sagt Martin Kaiser von der Umweltorganisation Greenpeace. Aber auch hier sei ein Kompromiss nicht ausgeschlossen. "Es gab Fortschritte", sagt Izabella Teixeira, die Chefin der brasilianischen Delegation, die zusammen mit ihrem britischen Kollegen zu vermitteln versucht. "Die gestrigen Diskussionen mit Japan, Russland und anderen liefen besser."
Anders sieht es die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms: Der bisherige Verlauf des Gipfels sei "deprimierend". "Das ist wie im Kindergarten, wie das hier abläuft", sagte sie der Deutschen Presseagentur. Hier werde fast ausschließlich nach dem Motto verhandelt: Wenn Du das tust, will ich aber das. "Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden 57 Mal vorgetragen, alle politischen Bekenntnisse mindestens 157 Mal", kritisiert Harms.
Die rechtliche Verbindlichkeit bleibt das zentrale Thema bei den Verhandlungen. Die Entwicklungsländer bestehen auf einer Fortführung des Kyoto-Protokolls. Die Vereinbarung von 1997 ist das einzige rechtlich verbindliche Klimaabkommen der Welt, gilt aber nur für die Industrieländer - und wurde von den USA nicht ratifiziert. Umgekehrt bestehen die Industriestaaten auf mehr Verbindlichkeit für die Emissionsziele der Entwicklungsländer.
Spaniens Umweltministerin Rosa Aguilar setzt auf Ehrgeiz: Sie hat vor dem Plenum erklärt, Spanien wolle, dass die EU ihr Reduktionsziel von 20 Prozent auf 30 Prozent im Vergleich zu 1990 erhöht. Damit schließt sie sich der Initiative ihrer Amtskollegen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien an, die vor einigen Monaten in einem Zeitungsartikel diesen Schritt gefordert hatten - mit der Unterstützung des Europaparlaments. Das letzte Wort haben aber die Mitgliedstaaten. Und hier blockieren insbesondere Polen und Italien eine ehrgeizigere Politik. Die Erwartungen an die EU bleiben aber hoch: "Ohne die Union läge das Kyoto-Protokoll im Sterben", lobt sich EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard.