Die Wohnbauförderung für die Länder dürfte um zehn Prozent pro Jahr steigen.
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Wien. Im gemeinsamen Haus der Regierung kracht es schon mächtig im Gebälk. In vier Monaten sind Wahlen. Und schon jetzt bereiten die Minister der ÖVP und der SPÖ ihren Auszug vor. Davor wollen die Parteien den Österreichern aber noch gemeinsam ein Paket für leistbares Wohnen bescheren. Damit will man beweisen, dass die Koalition ein tragfähiges Haus für Österreich war.
Meint es Regierung Ernst?
Die Zeit dafür läuft ab. Denn je näher der Wahlkampf, desto größer die Nervosität und desto geringer die Bereitschaft jeder Partei, der anderen einen Erfolg zu gönnen. Außerdem muss ein Paket nach dem Ministerrat noch durchs Parlament. Angesichts der Fristen liegt die Deadline für eine Einigung bei Mitte Juni. Infrastrukturministerin Doris Bures von der SPÖ drängt auf einen Beschluss im Ministerrat am nächsten oder übernächsten Dienstag. Damit soll die Regierung zeigen, dass das Thema Wohnen kein "Wahlkampf-Gag" ist, sagt sie zur "Wiener Zeitung". Auch im Büro von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) heißt es: "Es braucht eine Gesamtlösung in den nächsten Wochen." Details will man nicht kommentieren.
Doch was kann eine Regierung gegen die Preisexplosion am Wohnungsmarkt überhaupt ausrichten? Die "Wiener Zeitung" hat sich im Umfeld der Verhandlungen - beteiligt sind sechs Regierungsmitglieder - sowie bei Experten umgehört. Im Kern braucht es mehr Geld für neue Wohnungen, mehr Platz für soziales Wohnen und ein transparenteres Mietrecht, damit der Markt besser funktioniert.
Steuermittel für den Wohnbau laufen über die Wohnbauförderung. Jährlich fließen 1,8 Milliarden Euro vom Bund an die zuständigen Länder. Die Förderung könnte in den nächsten drei Jahren um rund zehn Prozent erhöht werden, also jährlich um rund 180 Millionen Euro, ist zu hören. Das deckt sich mit der Forderung von Bures, in den nächsten drei Jahren zusätzlich 15.000 neue Wohnungen zu errichten und dafür 600 Millionen Euro auszugeben (200 Millionen pro Jahr).
Rot-schwarzes Mascherl
Die Länder sollen neue Mittel aber nur erhalten, wenn sie nachweislich in den Wohnbau fließen, hört man von anderer Seite. Das wäre ein Kompromiss im Streit um die Zweckwidmung der Wohnmilliarden. Derzeit kann jedes Land diese theoretisch auch für einen neuen Kreisverkehr ausgeben. De facto fließen sie aber sowohl in Wien als auch in Niederösterreich in den Wohnbau. Die SPÖ will die Zweckbindung trotzdem sofort wieder einführen, die ÖVP aus praktischen Gründen erst 2015, wenn die Finanzen zwischen Bund und Länder wieder neu geregelt werden. Bindet man nur das frische Geld de facto an die Verwendung, hätten beide Seiten gewonnen.
Unklar ist, woher das Geld kommt. Bures will 250 Millionen Euro aus der Vergabe von Mobilfunkfrequenzen. Den Rest will sie aus dem Budget. Das ist zwar schon verteilt. Sie sieht aber sehr wohl noch Reserven, weil a) weniger Zinsen für die Staatsschuld gezahlt worden wären als befürchtet und es b) Spielraum durch höhere Steuereinnahmen im vergangenen Jahr gebe. Vom Tisch dürfte die Finanzierung des Wohnbaus durch die Pensionskassen, weil diese eine Art Zinsgarantie vom Bund für ihre Investments haben wollten.
Transparente Mieten
Für den rasanten Anstieg der Mieten werden die Miet-Aufschläge etwa für Ausblick, Lift oder Ausstattung verantwortlich gemacht. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) will, dass diese klar im Vertrag ausgewiesen werden.
Bures will sie zusätzlich beschränken. Das lehnt Karl weiterhin ab, heißt aus ihrem Büro ab, weil es ein zu starker Eingriff in den Markt wäre. Die Transparenz im Mietvertrag führe auch so zu niedrigeren Aufschlägen, weil - sinngemäß - die Vermieter mehr Skrupel hätten, Fantasiepreise zu verlangen. Dem Vernehmen nach könnte die SPÖ mit nicht begrenzten aber klar erkennbaren Aufschlägen leben.
Große Chance auf einen Kompromiss gibt es auch in der Frage der Makler-Provision. Die zahlt derzeit de facto meistens der Mieter oder Käufer. Die SPÖ will, dass der Vermieter künftig zahlt. Der Kompromiss liegt in der Mitte: Beide zahlen, so wie es jetzt eigentlich schon vorgesehen wäre.
Selbst wenn es Geld für neue Wohnungen und Transparenz im Mietrecht gibt, braucht es noch Platz für sozialen Wohnbau. In kleinen Gemeinden werden Gründe von Bauern schon jetzt zum Teil für sozialen Wohnbau zweckgewidmet; der Bauer verlangt für einen Teil des Grundes dann weniger. Große Städte wie Wien haben das aus juristischen Bedenken bisher unterlassen. Wäre dieses Vorgehen verfassungsmäßig abgesichert, könnten auch sie es tun - etwa, wenn Gründe von Gärtnern, den ÖBB oder von Kasernen umgewidmet werden. Dafür gibt es internationale Modelle in Südtirol oder Bayern.
Alles zusammen ein stattliches Wohnpaket: Mit dem Streit, ob Reiche im Gemeindebau höhere Mieten zahlen sollen, gebe es auch noch Wahlkampffutter.