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Ein bloßes Bemühen ist eindeutig zu wenig

Von Reinhard Huter

Wirtschaft

Unklare Gesetze erschweren Hilfe. | Was sind faktische Verrichtungen? | Wien. Mit der steigenden Lebenserwartung nimmt auch die Zahl der Personen zu, die auf Grund einer psychischen Erkrankung oder geistigen Behinderung nicht mehr in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen. Dann bestellt das Gericht einen Sachwalter, der die Vertretung des Betroffenen übernimmt. Doch selbst für Juristen ist oft unklar, was dieser Vertreter tun darf/muss?


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Die sogenannte Personensorge zählt neben der gesetzlichen Vertretung der betroffenen Person, etwa vor Behörden, und der Vermögensverwaltung zu den möglichen Aufgaben eines Sachwalters. Doch wird in Juristenkreisen immer wieder kontroversiell diskutiert, was unter dem Begriff Personensorge zu verstehen ist: Gehören beispielsweise das Waschen der betroffenen Person oder die Nahrungs- und Medikamentenverabreichung - so genannte faktische Verrichtungen - oder auch das rechtsgültige Beauftragen einer Hauskrankenpflege dazu?

Trotz der großen Bedeutung der Personensorge erwähnt das geltende Recht diesen Begriff nicht. Es verpflichtet bloß jeden Sachwalter unabhängig von seinen sonstigen Aufgaben, sich um die "gebotene ärztliche und soziale Betreuung" der betroffenen Person zu bemühen. Damit sind primär administrative Maßnahmen angesprochen, etwa die Organisation ärztlicher Betreuung, die Begleitung zu Arztterminen und entsprechende Beratung, Vermittlung und Betreuung sowie regelmäßiges Kontakthalten zu dem Betroffenen; jedoch keine Vertretung und auch keine faktischen Verrichtungen wie Waschen oder Medikamentenverabreichung.

Pflicht des Sachwalters

Diskutiert wird in Fachkreisen weiters, wie weit die Pflichten eines Sachwalters reichen: Hat er sich um die Personensorge bloß zu bemühen, diese sicherzustellen oder eigenhändig durchzuführen? Auf Grund des Gesetzes hat sich jedoch jeder Sachwalter bloß darum zu bemühen, dass diese häufig vitalen Tätigkeiten durch geeignete Hilfsdienste erledigt werden, deren persönliche Durchführung gehört nicht zu seinen Aufgaben.

Handlungsbedarf sehen

Die Personensorge kann aber dem Sachwalter im Einzelfall durch das Pflegschaftsgericht zur Besorgung übertragen werden. Erst dadurch wird ihm eine Verantwortung auferlegt, die über eine bloße Bemühungspflicht hinausgeht. Dies ist auch dann zulässig, wenn es sich um die einzige Angelegenheit handelt, die der Sachwalter zu besorgen hat. Inhaltlich bedeutet dies, dass er Hilfsdienste zu beauftragen und so die gebotene medizinische und soziale Betreuung zu gewährleisten hat; wie etwa die wirksame Beauftragung einer Heimhilfe, damit Pflege, Betreuung und die regelmäßige Medikamenteneinnahme gesichert sind, oder gar die Umstellung von Eigenauf Fremdpflege beispielsweise in einem Seniorenheim oder einer Behinderteneinrichtung. Sobald der Sachwalter hier einen Handlungsbedarf erkennt, hat er, weil das Gesetz ihm zunächst noch keine Vertretungsmacht einräumt, beim Pflegschaftsgericht anzuregen, ihm entsprechende Befugnisse (etwa zur Unterfertigung des Heimvertrages oder einer Pflegevereinbarung) einzuräumen, und dann entsprechend zu handeln. Denn schließlich hat sich der Sachwalter nicht nur um das liebe Geld und die Behördengänge zu kümmern.

Der Autor ist Richter am BG Feldkirch. Der ausführliche Beitrag erscheint in der Familienzeitschrift (FamZ) des Linde Verlages.