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Auch im Tierreich haben manche Mütter einen großen Einfluss auf die Zukunftschancen ihres Nachwuchses.
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Berlin. Von Affen oder Hyänen, die ihrer Mutter einen Blumenstrauß schenken, ist bisher nichts bekannt. Dabei hätten viele guten Grund dazu. Denn gerade solche sozial lebenden Säugetiere haben ihren Müttern oft viel zu verdanken. Führungspositionen, Erfolg beim anderen Geschlecht oder allerlei andere Tricks. Einfach nur Söhne und Töchter in die Welt zu setzen, sie mit Nahrung zu versorgen und vor Feinden zu schützen, genügt häufig nicht. Mütter können auch noch die verschiedensten anderen Weichen für die Zukunft des Nachwuchses stellen.
Ein Erfolgsrezept eines gelungenen Affenlebens ist, so viel wie möglich zu lernen. Nur von wem? Soll man sich die Mehrheit der Gruppe zum Vorbild nehmen? Oder die angesehensten Tiere? Oder weiß es vielleicht doch die eigene Mutter am besten?
Mutter Vorbild Nummer eins
Bei Grünen Meerkatzen fällt die Wahl eindeutig aus. In einem Naturschutzgebiet in Südafrika haben Erica van de Waal von der Uni im schweizerischen Neuchâtel und ihr Team Plastikboxen mit sandverkrusteten Weintrauben für die Affen aufgestellt. Darauf reagierten die Tiere ganz unterschiedlich. Während einige die Trauben mit Sand verschlangen, versuchten andere sie zu reinigen. Manche rieben die Früchte dazu in den Händen, andere auf dem Boden, an Steinen oder Ästen. Etliche kamen auch auf die Idee, die Leckerbissen zu schälen.
Zunächst schien die Putztechnik spontan ausgewählt. Doch im Laufe der Zeit änderten viele Tiere ihr Verhalten. Der Nachwuchs reinigte und fraß immer häufiger nach der gleichen Methode wie seine Mutter. Egal, ob ein Meerkatzen-Weibchen an der Spitze der Affengesellschaft steht oder zur Unterschicht gehört - für seinen Nachwuchs ist es offenbar Vorbild Nummer eins.
Startchancen variieren
In anderen Fällen spielt der soziale Rang der Mutter durchaus eine Rolle. Ein besonderes Beispiel für mütterliche Karriereförderung haben Oliver Höner und Bettina Wachter vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung bei den Tüpfelhyänen im Ngorongoro Krater Tansanias beobachtet. Diese hellbraunen Raubtiere leben in Gruppen mit bis zu 100 Mitgliedern, die hierarchisch organisiert sind. "Die höchsten Ränge besetzen dabei immer die Weibchen", so Höner. Doch auch innerhalb der Frauenfraktion kennt jedes Tier seinen Platz.
Beim Gerangel um die besten Plätze auf der sozialen Stufenleiter haben aber nicht alle Tiere die gleichen Startchancen. So wird der Nachwuchs der weiblichen Führungskräfte nicht nur besser mit Nahrung versorgt und wächst damit schneller als junge Unterschicht-Hyänen. Er lernt auch schon von klein auf, wie man niederrangige Artgenossen einschüchtert und dominiert. Zwar reichen die Kräfte der Kleinen im jüngeren Alter noch nicht aus, um erwachsene Clanmitglieder in die Schranken zu verweisen. Doch ihre dominante Mutter ist an ihrer Seite, um sie zu unterstützen.
Der Weg an die Spitze des Hyänenclans ist damit vorgezeichnet. So besetzen die Töchter solcher erfolgreichen Mütter als Erwachsene meist ebenfalls die Führungspositionen. Die Söhne verlassen zwar in der Regel mit etwa drei Jahren die Gruppe. Doch auch in der Fremde scheinen sie von den Privilegien ihrer Kindheit zu profitieren. "Sie suchen sich Gruppen mit mehr paarungswilligen Weibchen, zeugen früher Junge und haben einen höheren Fortpflanzungserfolg als die Söhne von tieferrangigen Müttern", resümiert Höner.
An speziellen "Erfolgsgenen" scheint das nicht zu liegen. Vielmehr glauben die Forscher, dass sich das raschere Wachstum und die bessere Ernährung der Oberschicht-Männchen auch bei der Wahl der neuen Heimat bezahlt machen. Die Tiere können dadurch vermutlich mehr Energie in die Suche nach einem Clan mit günstigen Zukunftsperspektiven investieren. Möglicherweise können sie sich dank ihrer größeren Reserven auch länger auf das Geduldspiel der Partnerwerbung einlassen. Sogar ihren frühen Erfolg bei Frauen könnten die Hyänen-Casanovas also ihrer Mutter zu verdanken haben.
Muttersöhnchen profitieren
Noch direkter greifen Bonobo-Mütter in das Liebesleben ihrer Söhne ein. Hier bleiben die Männchen in der Gruppe, in der sie geboren wurden. Selbst erwachsene Söhne haben oft noch ein sehr enges Verhältnis zu ihren Müttern. Und während Menschen für Muttersöhnchen oft nicht allzu viel übrig haben, scheinen in Bonobo-Kreisen andere Regeln zu gelten. Das schließen Martin Surbeck vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig und seine Kollegen aus einer Studie, in der sie den Fortpflanzungserfolg dieser Affenart im Salonga Nationalpark in der Demokratischen Republik Kongo unter die Lupe genommen haben.
Demnach zeugen die ranghöchsten Tiere wie erwartet den meisten Nachwuchs. Doch auch wer zur Mittel- oder Unterschicht gehört, kann beim anderen Geschlecht punkten - mit Hilfe seiner Mutter. Bonobo-Weibchen unterstützen ihre Söhne in Auseinandersetzungen mit Rivalen. Manchmal hindern sie die Konkurrenz sogar an der Paarung.
Und dem nicht genug: So halten sich in der Nähe eines Weibchens normalerweise auch noch weitere auf. Wer viel Zeit mit seiner Mutter verbringt, bekommt also mehr Gelegenheiten zum Anbandeln. Jedenfalls haben Bonobos der Mittel- und Unterschicht im Beisein ihrer Mutter deutlich mehr Paarungserfolg als alleine. Da wären schon Blumen als Dankeschön fällig. Oder vielleicht lieber ein paar Bananen.