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Ein braver Diener seiner Partei

Von Walter Hämmerle

Politik

Ein politisches Porträt von Norbert Darabos. | Als Parteimanager erfolgreich - als Minister umstritten. | Wien. Politiker kokettieren ja gerne damit, sich als Diener an der öffentlichen Sache zu präsentieren. Bei Ministern stimmt das sogar, zumindest etymologisch, stammt das Wort doch vom lateinischen ministrare , das mit "dienen" oder "bedienen" übersetzt wird.


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Auf keinen passt diese Beschreibung besser als auf Norbert Darabos. Und dies keineswegs nur in diesen, für den Verteidigungsminister besonders schweren Tagen. Tatsächlich zieht sich das Zurücktreten hinter Führungsfiguren und das Zurückstellen persönlicher Vorlieben wie ein roter Faden durch die Karriere des 46-jährigen Burgenländers: Als Landesgeschäftsführer trug er wesentlich dazu bei, der SPÖ 2000 den Sessel des Landeshauptmanns zu retten - trotz der Affäre um die Bank Burgenland und einem damals kaum profilierten Landeshauptmann-Kandidaten Hans Niessl.

Als Bundesgeschäftsführer unter Alfred Gusenbauer verpasste er der Partei einen aggressiven Oppositionsstil, managte 2004 den Präsidentschaftswahlkampf für Heinz Fischer und hievte schließlich 2006 die Partei zurück ins Kanzleramt. Dass man in der Politik - ein höheres Ziel vor Augen - bei Grundsatzpositionen flexibel sein muss, bewies Darabos 2005 mit der damals heftig umstrittenen Zustimmung der SPÖ zum neuen Fremdenrecht von Schwarz-Orange. Es war Darabos, der die Verhandlungen führte - schließlich galt es, die Abwanderung von SPÖ-Wählern zur FPÖ zu minimieren. Dabei eignet sich der in der Öffentlichkeit eher scheue, zurückhaltende studierte Historiker so gar nicht als Rechtsverbinder der SPÖ. Den Zivildiener aus Überzeugung würde man eher zu den Anhängern einer rot-grünen Koalition zählen. Aber eine solche ist - damals wie heute - außer Reichweite.

Parteiräson

Persönliche Vorlieben stellte er auch 2006 zurück, als ihn Gusenbauer mit dem Verteidigungsressort beglückte - eigentlich hätte es das von Darabos avisierte Innenministerium werden sollen. Der brave Parteisoldat schluckte die Demütigung hinunter und schickte sich an, jene Mission Impossible zu erfüllen, die ihm die Partei - und er selbst als Wahlkampfmanager - mit der Abbestellung der Eurofighter ins neue Amt mitgegeben hatte. Die Erfolgschancen waren von vornherein aussichtslos.

Seit seinem Aufstieg zum Minister kommt Darabos aus dem Popularitätstief nicht mehr heraus. Für überzeugte Bundesheer-Anhänger war schon die Beförderung eines Zivildieners eine Zumutung; die Gegner der Eurofighter enttäuschte er, als er den Kaufvertrag nicht auflösen konnte. Sichtlich Spaß an seinem Job hatte er seitdem eigentlich nur, wenn es um den Sport ging, der seit 2008 wieder beim Verteidigungsministerium ressortiert.

Jetzt droht die Debatte um die Wehrpflicht, Darabos unter sich zu begraben. Und wieder hat die Loyalität zu seiner Partei die Oberhand behalten, schließlich sind die Zitate Legion, in denen sich der Minister als Befürworter der Wehrpflicht outete. Aber Michael Häupl hatte eben eine Wahlkampf-Idee und die SPÖ-Führung folgte dem Wiener Bürgermeister. Ob dieser Wende in der Parteilinie soll sogar Bundespräsident Fischer, ebenfalls ein überzeugter Anhänger der Wehrpflicht und zudem Oberbefehlshaber des Bundesheeres, getobt haben.

Anders als Fischer machte Darabos nach kurzem Widerstand die neue Linie zur eigenen. Die Abschaffung der Wehrpflicht steht seitdem ganz oben auf seiner Agenda. Und davon will er sich auch vom teils offenen Widerstand der Militärs nicht wieder abbringen lassen. Darabos weiß, dass es längst nicht mehr um eine Sachfrage geht, wo unterschiedliche Meinungen durchaus zulässig sein können. Jetzt geht es um seine politische Autorität - und damit um sein weiteres politisches Überleben.

Das spüren natürlich auch die politischen Gegner, die den Verteidigungsminister längst in ihr Visier genommen haben. Doch während dies zum normalen politischen Geschäft gehört, ist der anhaltende Widerstand einzelner Proponenten der SPÖ in der Frage der Wehrpflicht für Darabos Image verheerend.

Überlebenskampf

Deshalb kann der Minister öffentliche Kritik an seinem neuen Kurs nicht dulden - schon gar nicht vom ranghöchsten Militär, Generalstabschef Edmund Entacher. Darabos hat den 61-jährigen passionierten Virginia-Raucher 2008 selbst berufen. Entacher, einer der wenigen Sozialdemokraten im Bundesheer, gesteht zwar durchaus Reformbedarf ein, beharrte jedoch in Interviews auf den Vorteilen der gegenwärtigen Mischstruktur aus Berufssoldaten, Miliz und Wehrpflichtigen. Ein Affront, der Schlagzeilen wie "Aufstand gegen Darabos" garantierte. Der Minister konterte mit der Androhung persönlicher Konsequenzen.

Wohlmeinende Kritiker des nach wie vor jugendlich wirkenden Ministers - auch solche gibt es in der langen Liste der Darabos-Gegner - sehen zwei Ursachen für die jetzige Malaise. Darabos, dem von seiner Prägung her alles Militärische abgeht, habe nie wirklich in sein Ministerium gepasst. Minister und Militärs hätten deshalb keine Vertrauensbasis aufbauen können.

Zu diesen Mentalitätsproblemen sei nun noch der Zeitdruck gekommen, mit dem Darabos nach dem Wunsch der SPÖ-Führung die Frage Wehrpflicht anging. Aus welchen Gründen auch immer: Darabos verabsäumte es, sein Ressort von der Stichhaltigkeit seiner neuen Linie zu überzeugen.

Darabos wird am Ende im Konflikt mit seinen Beamten die Oberhand behalten, Österreichs Militärs neigen nicht zu Insubordination. Und der Minister wird seinem Namen weiter alle Ehre machen und den Wunsch der SPÖ nach Abschaffung der Wehrpflicht exekutieren.

Die Lorbeeren dafür werden aber wohl Häupl und Kanzler Werner Faymann - und natürlich die "Krone", auf deren Titelseiten diese Idee geboren wurde - für sich beanspruchen.

Wissen

Die Österreichische Offiziersgesellschaft definiert sich als Plattform für eine Gemeinschaft von Offizieren des Österreichischen Bundesheeres. Sie ist der Dachverband der einzelnen Landesoffiziersgesellschaften und repräsentiert mehr als 6000 Offiziere des Aktiv-, Miliz- und Reservestandes des Bundesheers. Der österreichische Milizverband vertritt die Interessen und Anliegen der Milizsoldaten in der Öffentlichkeit und im Heer. Er versteht sich als Ideen-Sammelstelle, setzt sich für soziale Belange der Milizsoldaten ein und bietet Versicherungsschutz bei Kader-, Truppen- sowie freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten.