Kampf um Macht und Öl: Lage kann trotz Entspannung erneut eskalieren.
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Juba/Wien. Lange schien die Kriegsparteien im Südsudan ein Friedensvertrag nicht zu interessieren. Während sich die Truppen von Präsident Salva Kiir und seines Kontrahenten, Ex-Vizepräsident Riek Machar, wochenlange Kämpfe lieferten, dabei tausende Menschen getötet, hunderttausende Menschen vertrieben und die Lebensmittel im Südsudan immer knapper wurden, hatten die Vertreter der beiden Parteien bei Verhandlungen in einem Luxushotel in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba keine Eile, den Konflikt beizulegen. Sie stritten sich sogar um so nebensächliche Details wie die Frage, in welchen Räumlichkeiten die Gespräche stattfinden sollen. Die internationale Gemeinschaft und die ostafrikanischen Mediatoren wurden immer ungeduldiger.
Nun wurde aber ein Durchbruch erzielt: Nach zweiwöchigen Verhandlungen unterzeichneten am Donnerstag die südsudanesischen Kontrahenten einen Friedensvertrag. Das Abkommen sieht vor, die seit mehr als einem Monat andauernden Gefechte innerhalb von 24 Stunden einzustellen. Die Regierung erklärte sich zudem bereit, elf inhaftierte Vertraute des Rebellenführers Machar auf freien Fuß zu setzen. Deren Freilassung war eine der Hauptforderungen der Aufständischen.
Ostafrikanische Staaten wollen jedenfalls bis zu 5500 Soldaten in den Südsudan entsenden, um den Waffenstillstand zu überwachen.
Doch die Lage im Südsudan bleibt trotz des Friedensschlusses sehr fragil. Die Vereinbarung könnte nämlich schon schnell nichts mehr zählen, wenn die kaum verheilten Wunden wieder aufreißen. Denn selbst wenn die Waffen schweigen, könnte der Kampf um die politische Macht schnell wieder aufflammen. Präsident Kiir und der von ihm entlassene frühere Vizepräsident Machar streiten seit Monaten um die Vorherrschaft, die Armee hat sich in zwei Lager gespalten. Kiir warf Machar vor, einen Putschversuch angezettelt zu haben. Machar wiederum machte Kiirs autoritären Führungsstil für die Krise im Land verantwortlich.
Finden sie in Zukunft keinen Ausgleich, dann droht die Situation erneut zu eskalieren. Dabei geht es auch um viel Geld: Wer die politische Macht hat, sitzt auf den Ölfeldern - diese sind für das sonst bitterarme Land fast die einzige Einnahmequelle. Armut und Korruption sind es auch, die bei der Bevölkerung für viel Frust und damit für weitere Instabilität sorgen.
Und dann gießen in dem Vielvölkerstaat auch noch ethnische Rivalitäten zusätzliches Öl ins Feuer. Kiir gehört der Volksgruppe der Dinka an, Machar ist Nuer. In dem bewaffneten Konflikt der vergangenen Wochen kamen alte ethnische Feindschaften wieder an die Oberfläche, es wurde von ethnisch motivierten Morden berichtet.
Enttäuschte Hoffnungen
Der Südsudan wurde erst 2011 nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg vom Sudan unabhängig. Doch die damit einhergehenden Hoffnungen auf Wohlstand und Stabilität haben sich vorerst nicht erfüllt. Stattdessen hat der junge Staat mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen, die jederzeit für einen neuen Flächenbrand sorgen können.