Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Man ist schon erleichtert, dass der Norddeutsche Rundfunk nur ein Rundfunk ist. Und keine Institution, die wirklich wichtige Entscheidungen trifft. Kurze Rekapitulation: Vergangene Woche meldete der NDR, dass er den Erfolgssänger Xavier Naidoo als deutschen Vertreter zum Song Contest (ESC) schicken wird. Unmut über diese Kür - wegen verschiedener politischer Aussagen des Musikers - wurde laut. Der NDR machte zwei Tage später einen hochnotpeinlichen Rückzieher: doch kein Xavier Naidoo für Deutschland beim ESC. "Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden", hieß es in einer Erklärung.
Die erbärmliche Posse wirft aber auch ein Licht darauf, wie schwer sich Deutschland mittlerweile im Umgang mit dem Song Contest tut. Da spielt sicher eine Rolle, dass man die Schmach des letzten Platzes nicht wiederholen möchte, und es spielt wohl auch eine Rolle, dass man diese Schmach gerade als Großfinanzier der Veranstaltung nicht wiederholen möchte. Dazu kommt die verschwommene Political Correctness, mit der der ESC aufgeladen ist: Nicht erst seit dem Sieg Conchitas wedelt der Bewerb mit der Fahne der Toleranz - und trotzdem werden Kandidaten allein wegen ihrer Herkunft ausgebuht (etwa 2015 die russische Sängerin, die unverschuldet den Kopf für Putin hinhalten musste). So gesehen ist es ziemlich egal, welchen politischen Hintergrund man auf die Bühne des ESC mitbringt.
Richtig mutig wäre vielleicht gewesen, wieder einmal daran zu erinnern, dass es sich um einen Singwettbewerb handelt, der einfach Spaß machen soll.