Zum Hauptinhalt springen

Ein "Bürgereuropa" ist gefragt

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Der österreichische Auftakt zu dem von der EU-Kommission initiierten "Dialog über Europa 2000" unter Beteiligung der Bevölkerung fand vergangene Woche in Wien statt. Die Landwirtschaft und die Frage, welche Reformen auf dem Weg zu einer Verfassung der EU notwendig sind, dominierten die Diskussion mit Agrarkommissar Franz Fischler. Im Hinblick auf eine weitere Regierungskonferenz im Jahr 2004 sollen - über akademische Kreise hinaus - die Meinungen und Sorgen der Bürger in die nächsten Reformschritte einfließen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Mit dem soeben begonnenen "Dialog über Europa" behält die EU-Kommission - den Ergebnissen einer jüngsten Umfrage zufolge - Recht: Die Meinung der Österreicher zur EU-Osterweiterung hat sich zum Positiven gewandt, 51 Prozent befürworten derzeit das Projekt. 1998 waren 55 Prozent der Österreicher dagegen. Jedoch fühlen sich viele der Befragten über diese Frage nicht genügend informiert. Je höher die Ausbildung, umso höher ist die Zustimmung zur Erweiterung.

Agrarkommissar Fischler versuchte denn auch beim ersten öffentlichen "Dialog über Europa" vor zahlreichem Publikum Bedenken zu zerstreuen, angesichts der krisengeschüttelten Landwirtschaft könnte die EU-Erweiterung verschoben werden. Die BSE-Folgen kosten die Union heuer rund 1,2 Milliarden Euro, diese Summe ist aber im Agrarbudget gedeckt. Die "Agenda 2000", die die Finanzierung der Landwirtschaft bis 2006 regelt, werde weiter umgesetzt und sei von der jetzigen Krise nicht betroffen. Weiterhin fließen vom EU-Budget drei Prozent in die Landwirtschaft - nicht 17 Prozent, wie EU-Bürger laut Umfragen annehmen.

"Wir machen Reformen nicht primär, weil die Osterweiterung ins Haus steht" - obwohl das "ein angenehmer Nebeneffekt ist". "Sondern wir orientieren uns an den Bedürfnissen der Bürger", betonte Österreichs EU-Kommissar. Mit der "Agenda" habe "die Wende begonnen", in der Landwirtschaft künftig auf Umwelt und Qualität Rücksicht zu nehmen. Aber "dass das nicht reicht, habe ich schon 1999 gesagt."

Was weitere institutionelle Reformen betrifft, driften die Standpunkte in der Union zum Teil stark auseinander. Fischler meint, die Grundrechte sollten in die EU-Verträge integriert werden. Das Kernproblem seien aber die unterschiedlichen Verfassungstraditionen. Die EU ist das, worauf sich die Regierungschefs einigen. Die Rolle der nationalen Parlamente müsse daher aufgewertet werden. Die Regierungsvertreter im Nationalrat werden wohl kaum Verträge ablehnen, die sie selbst mitverhandelt haben. Die Sorge, nationale Parlamente seien nur mehr "Ja-Sager-Maschinen", müsse man ernst nehmen, so Fischler. Auch sollte der Ausschuss der Regionen, ein "beratendes" Gremium in der EU, aufgewertet werden, so dass die Regionen mehr Mitbestimmung erhalten.

Zu einer möglichen Einwanderungswelle aus künftigen EU-Staaten meint Fischer, "es werden weniger auswandern wollen, als wir brauchen werden". Das eigentliche Problem werden die Pendler in der Grenzregion sein. Mit Übergangsfristen habe man hier "noch nicht das Gelbe vom Ei gefunden".

Infos zum "Dialog über Europa" unter der Gratis-Hotline: 0800-29 68 11, via E-mail: mail@europe-direct.cec.eu.int oder Fax: 0032-2-705 60 35.