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Die Kampagne vor der polnischen Parlamentswahl in einer Woche ist jetzt erst in Gang gekommen. Und sie wird zu einem Zweikampf stilisiert.
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Das Gefährt hat einen eigenen Namen. Mit dem "Tuskobus" tourt der polnische Premier durch Stadt und Land. Es ist Wahlkampf, und der Beraterstab der Regierungspartei befand, dass Donald Tusk nicht nur zu den Menschen gebracht werden, sondern auch dem dazu dienenden Fortbewegungsmittel seinen Namen verleihen sollte. Und so vergeht kein Tag, an dem nicht über die Route des "Tuskobusses" berichtet wird: Tusk trifft die Dorfjugend, Tusk diskutiert mit Fußballfans oder Tusk in einem Kurs zur Geburtsvorbereitung.
Die Kampagne seiner Bürgerplattform (PO) ist erst jetzt in Gang gekommen. Dabei wählen die Polen schon in einer Woche ein neues Parlament. Die wirtschaftlich liberale aber gesellschaftspolitisch durchaus konservative Fraktion hat gute Chancen, stärkste Partei zu werden. Und damit wäre Tusk der erste Regierungschef seit dem Umbruch 1989, der bei einem Urnengang bestätigt werden würde.
Doch sein größter Kontrahent bleibt nicht untätig. Jaroslaw Kaczynski von der konservativen Recht und Gerechtigkeit (PiS) treibt seine Partei zu immer besseren Umfragewerten und lässt den Vorsprung der PO schrumpfen. Der Oppositionsführer ist ebenfalls derzeit viel im Land unterwegs, umgibt sich von Zeit zu Zeit mit jungen sympathischen Mädchen, um das Image des unerbittlichen Polterers aufzuweichen und ein Bild vom fürsorglichen Onkel zu zeichnen.
Von diesen beiden Parteien wird die Kampagne dominiert, die zu einem Zweikampf Tusk gegen Kaczynski stilisiert wird. Während die PO vor einer neuerlichen PiS-Regierung - wie in den Jahren 2006 und 2007 - warnt, hält PiS der PO-Regierung all ihre Wahlversprechen vor, die in der nun ablaufenden Legislaturperiode nicht erfüllt wurden.
So wie dabei Wahlprogramme leicht in den Hintergrund geraten, ist es andererseits für die übrigen kandidierenden Gruppierungen schwierig, in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu rücken. Auch wenn die mitregierende Bauernpartei PSL mit einem Internet-Spiel um junge Wähler wirbt, die einen PiS-Abgeordneten mit Zuckkerrüben bewerfen können. Oder der ehemalige PO-Mandatar Janusz Palikot mit seiner neu gegründeten Bewegung für die Legalisierung von allem eintritt, was sich legalisieren lässt.
Insgesamt treten landesweit sieben Parteien an, aber die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament werden vielleicht drei, vier schaffen. Neben den rivalisierenden Fraktionen von Tusk und Kaczynski, die beide dem rechten politischen Lager zuzuordnen sind, hat das Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) Chancen darauf, einige der 460 Sitze im Sejm zu bekommen. Manche Umfragen lassen auch Palikots Gruppierung auf Mandate hoffen.
Allerdings sind Umfragen in Polen mit Vorsicht zu genießen. Dessen ist sich vor allem die Bürgerplattform bewusst. In den vergangenen Jahren haben ihr Untersuchungen gleich zweimal einen Wahlsieg prognostiziert: bei der vorletzten Parlaments- und ebenso der Präsidentschaftswahl. Als Siegerin ist jedoch beide Male die Partei PiS hervorgegangen.
Doch dürfte die These stimmen, dass fast jeder vierte Pole noch keine Entscheidung getroffen hat, wem er am 9. Oktober seine Stimme geben soll. Ebenso wie die Prognose, dass die Politikverdrossenheit sich auch diesmal an den Wahlurnen ausdrücken wird. Es ist möglich, dass nicht einmal die Hälfte der Berechtigten am Votum teilnimmt. Ob die hektischen Bemühungen, die die Parteien noch in den letzten Tagen vor der Wahl starten werden, mehr Polen überzeugen, ist fraglich.