Kosten sinken analog zu Stahlpreis. | Wien. Nabucco soll ein Bypass für die europäische Gasversorgung werden. Der Name ist von der einschlägigen Oper entlehnt, in der es um das Streben nach Freiheit geht. Eigentlich sollte die neue Pipeline längst im Bau sein, aber die Betreiber machten nicht so wirklich Dampf hinter dem Projekt. Monatelang wurde um Ausnahmeregelungen gefeilscht, die Türkei war mit Wahlen beschäftigt und versuchte ihren Traum einer türkischen Gasdrehscheibe mit immer neuen Forderungen zu verwirklichen.
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Die Bürokraten der EU hielten an ihrem Langsamfahrplan fest. Die geplante Inbetriebnahme rückte in immer weitere Ferne, nun spricht man offiziell von 2013, allen Experten ist aber klar dass es auf jeden Fall 2014, eher schon 2015 wird. Die Nabucco-Betreiber haben sich deshalb vorsichtshalber die Gültigkeit der weitgehend genehmigten Ausnahmeregelungen bis 2017 verlängern lassen.
Erst wenn alle Verträge unter Dach und Fach sind, was vielleicht heuer im Frühjahr der Fall sein wird, kann mit dem sogenannten Open-Season-Prozess begonnen werden, bei dem festgestellt wird, wer Kapazitäten an Nabucco buchen möchte. Wenn genug Interesse deponiert ist, wird der definitive Baubeschluss gefasst.
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Und dann ist da noch das große Fragezeichen, woher die Vertragspartner ihr Gas bekommen. Relativ klar ist, dass für die erste Ausbaustufe von 15 Milliarden Kubikmeter Erdgas Aserbeidschan bereit steht. Als zweiter Lieferant zeichnet sich Turkmenistan ab. Erst vor kurzem haben neue Untersuchungen ergeben, dass das Land auf weit höheren Gasreserven sitzt als bisher angenommen, nämlich statt der noch in einer BP-Studie ausgewiesenen 2670 Milliarden bis zu 14.000 Milliarden Kubikmeter - womit das Land nicht nur seine Lieferverpflichtungen an Russland erfüllen, sondern auch noch China und Europa bedienen könnte. OMV und RWE haben daher vor kurzem auch bereits eine Gesellschaft gegründet, die Transportmöglichkeiten vom östlichen Ufer des Kaspischen Meeres Richtung Europa untersuchen soll.
Und da gibt es dann auch noch den Irak, der mit westlicher Hilfe versucht, zu einem großen Gaslieferanten zu werden.
Skeptiker wurden dank des Gasstreits zu Fans
Bleibt als weiterer Eckpfeiler die Frage der Finanzierung. Im Vorjahr wurden die Kosten von knapp 6 auf 8 Milliarden Euro hochgeschraubt. An dieser Zahl wird auch jetzt noch offiziell festgehalten. Es ist aber davon auszugehen, dass die Kosten weit niedriger sein werden, denn durch die Krise sind die Stahlkosten wieder um 50 Prozent eingebrochen.
Die Aufbringung der Baukosten sollte kein wirkliches Problem sein, die EU wird Mittel zur Verfügung stellen, des weiteren die Europäischen Investmentbanken und auch die Betreiber, wie RWE und OMV, sind nicht wirklich knapp bei Kasse. So könnte die Gaskrise etwas Positives gebracht haben: Dass bisherige Zweifler wie Ungarn und Bulgarien nun zu Nabucco-Fans werden, damit sie in Zukunft nicht mehr durch die (Gas)Röhre schauen.