In Thailand auf erlebt das Match zwischen den ärmeren Schichten und den alten Eliten im Wahlkampf eine Neuauflage.
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Ein Wunsch von Paethongtarn Shinawatra ging schon in Erfüllung. "Ich wünsche mir nur, dass ich nicht am Wahltag entbinde", sagte die Spitzenkandidatin der thailändischen Partei Pheu Thai dem Magazin "Time". Ihr Kind kam Anfang dieses Monats zur Welt. Schon zwei Tage nach der Geburt machte sie ein Instagram-Foto mit ihrem Sohn und lud Medien in das Krankenhaus ein. Danach ging sie sofort wieder auf Wahlkampf.
Ob sich ihr zweiter Wunsch erfüllen wird, entscheiden die Wähler Thailands an diesem Sonntag: Paethongtarn hofft bei der Parlamentswahl auf einen Erdrutschsieg ihrer Partei. Diese liegt in den Umfragen auch in Führung. Wie verlässlich diese sind, ist aber fraglich. Klar ist aber, dass eine knappe Mehrheit nicht reichen wird, damit die 36-Jährige die nächste Premierministerin des südostasiatischen Landes mit 69 Millionen Einwohnern wird. Die ehemalige Immobilienmanagerin braucht dafür einen haushohen Sieg. Das hängt mit einer Fehde zusammen, die sich ihre Familie mit dem Militär seit mehr als zwei Jahrzehnten liefert.
Ein Milliardär als Held der armen Massen
Denn Paethongtarn ist die Tochter des Self-Made-Milliardärs Thaksin Shinawatra, der 2001 Premier wurde. Der Medientycoon genoss wegen seiner großzügigen Sozialprogramme bei den ärmeren Schichten hohe Popularität, während die mit dem Königshaus und dem Militär verbundenen traditionellen Eliten in ihm einen korrupten Emporkömmling sahen. 2006 putsche das Militär gegen Thaksin, später wurde er wegen Amtsmissbrauch verurteilt, mittlerweile lebt er in Dubai im Exil.
Doch auch alle nachfolgenden Wahlen gewannen Verwandte oder Gefolgsleute von Thaksin. Stets wurde dieser Erfolg aber wieder kassiert - durch Gerichtsurteile, die die Thaksin-Getreuen aus der Politik entfernten, oder durch abermaliges Einschreiten des Militärs.
Nach dem jüngsten Putsch 2014 hat das Militär, das bei der Wahl über nahestehende Parteien antritt, ein weiteres Sicherheitsnetz für den eigenen Machterhalt geknüpft. Es hat einen Senat eingeführt, dessen 250 Abgeordnete es selbst bestimmt. Dieser stimmt bei der Wahl des Premierministers mit.
Damit braucht Pheu Thai von Paethongtarn Shinawatra mindestens 376 der 500 Stimmen im Oberhaus für eine Mehrheit. Die Partei selbst strebt um die 300 Sitze an und will die restlichen Stimmen mit Hilfe anderer Gruppierungen zusammenkratzen.
Premier Prayut Chan o-cha, der den Putsch 2014 anführte und seitdem an der Macht ist, reicht ein dürftigeres Wahlergebnis, weil er eben auf den Senat zählen kann. Damit könnte der Mann aus der Armee weiter Regierungschef bleiben - trotz sinkender Popularität in der Bevölkerung.
Denn viele Thailänder werfen ihm die wirtschaftliche Stagnation vor. Das Wachstum von drei Prozent ist fast ausschließlich dem Tourismus zu verdanken, sonst können sich allem die ärmeren Schichten immer weniger leisten. Prayut verspricht zwar soziale Hilfen, aber bei weitem nicht so viele wie Paethongtarn. Sie kann auf dieselbe Anhängerschaft zählen wie ihr Vater, also die stätischen Tagelöhner und die ländlichen Massen im Nordosten.
Mittlerweile ist aber ein dritter Spieler aufgetaucht, der die ständige Polarisierung zwischen der Armee und der Familie Shinawatra durchbrechen könnte. Die Partei Vorwärts ist bei jungen Wählern beliebt, die mehr Demokratie wollen, oder auch bei kleineren Unternehmern, die sich über zu viel Bürokratie beklagen und gegenüber den Wirtschaftseliten, die diverse Gesetze schützen, benachteiligt sehen.
Vorwärts und Pheu Thai könnten gemeinsam vielleicht die Macht des Militärs brechen. Doch in Bangkok machen nun Gerüchte die Runde, dass es ausgerechnet zwischen Paethongtarn und der Armee bereits Hinterzimmerabsprachen gibt. Angeheizt wurden sie von einer Ankündigung Thaksins, nach Thailand zurückkehren zu wollen.
Das würde aber wohl eine Amnestie voraussetzen, für die der 73-Jährige wiederum Zugeständnisse machen müsste - etwa, dass er für keine politischen Ämter mehr kandidiert. Der thailändische Politologe Thitinan Pognsudhirak sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass er so ein Szenario gar für wahrscheinlich hält. Die Gegner Thaksins hätten erkannt, dass Thailand nur Stabilität erhält, wenn der endlose Streit um den so umstrittenen Ex-Premier gelöst wird.
Die Tochter von Ex-Premier Thaksin Shinawatra mischt den Wahlkampf in Thailand auf. Damit erlebt das Match zwischen den ärmeren Schichten und den alten Eliten eine Neuauflage.