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Ein CO<sub>2</sub>-Preis für den Klimaschutz

Von Franz Nauschnigg

Gastkommentare

Eine eigene Steuer hätte mehr Vorteile als ein Handelssystem für Treibhausgasemissionen.


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Die Einführung eines CO2-Preises hätte gleich mehrere positive Effekte: Er würde klimaschädliche Güter teurer machen und dadurch deren Konsum reduzieren. Außerdem würden ökologischere Alternativen konkurrenzfähiger werden. Einnahmen könnten direkt in ökologische Maßnahmen - wie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs - investiert werden. Eine Zusatzbelastung einkommensschwacher Haushalte könnte durch einen Öko-Bonus und die Förderung der Benutzung des öffentlichen Verkehrs, durch niedrigere Abgaben auf den Faktor Arbeit oder durch Senkung regressiver Abgaben wie der Ökostromabgabe abgefedert werden.

Ein CO2Preis könnte durch eine CO2-Steuer oder CO2-Handelssystem erreicht werden. Ich habe mich schon in der Oesterreichischen Nationalbank mit dem Thema beschäftigt, noch bevor in den vergangenen Jahren die Diskussion zu "Green Finance" - was der Finanzsektor zur Klimarettung betragen kann - an Aktualität gewann. Bereits 2013 argumentierte ich in einem Beitrag zum Buch "Powerlines - Energiepolitische Entwicklungslinien Europas" für eine CO2-Steuer statt eines CO2-Handelssystems, verbunden mit Grenzausgleichen.

Eine EU-weite CO2-Steuer - aber keine undifferenzierte

Jetzt arbeite ich in der "Task Force on Carbon Pricing in Europe", die sich unter der Leitung des ehemaligen Französischen Finanzministers Edmond Alphandéry für einen CO2-Preis in Europa einsetzt und auch mit anderen Gruppen etwa in China zusammenarbeitet, um dieses Ziel zu erreichen. Nach Konferenzen in Paris und Berlin wird die Task Force nun auch in Wien eine öffentliche Paneldiskussion abhalten, und zwar am 27. Jänner ab 17 Uhr im Haus der Europäischen Union. Dabei wird es um einen CO2-Preis in Europa und Grenzausgleiche gehen. Die Task Force strebt einen CO2-Preis an und ist neutral, ob dieser durch eine CO2-Steuer oder ein CO2-Handelssystem erreicht wird.

Ich persönlich sehe mehr Vorteile in einer CO2-Steuer als in einem CO2-Handelssystem, weil sie fair, einfach, transparent und stabil wäre. Durch eine CO2-Steuer würden die Preise für fossile Energien erhöht und dadurch deren negative Externalitäten bekämpft. Sie würde den Investoren in Energiesysteme eine langfristige Planung der Kosten erlauben. Eine CO2-Steuer sollte idealerweise EU-weit eingeführt werden. Sollte dies nicht möglich sein, könnte Österreich, so wie bei der Finanztransaktionssteuer, mit gleichgesinnten EU-Ländern vorangehen oder sogar eine Vorreiterrolle einnehmen.

Eine undifferenzierte EU- oder österreichische CO2-Steuer würde allerdings nur die europäischen beziehungsweise österreichischen Exporte belasten, die Importe nicht belasten und im Endeffekt, wie das CO2-Handelssystem der EU, zur Verlagerung der Produktion ins Ausland führen. Die Einführung einer Steuer auf CO2-Emissionen muss daher mit einem Erstattungs- und Abschöpfungssystem an der EU-Außengrenze kombiniert werden. Die Steuer sollte in der Größenordnung von 30 Euro je Tonne liegen, mit einer Steigerung um zum Beispiel 4 bis 6 Euro jährlich, um langfristige Planungssicherheit zu geben. Auch die anderen Treibhausgase sollten, wenn möglich, mit ihren CO2-Äquivalenten besteuert werden.

Ökostromabgabe und Lohnnebenkosten senken

Die CO2-Steuer muss durch ein Erstattungssystem für Exporte und ein Abschöpfungssystem für Importe ergänzt werden. Ein derartiges System hat vor dem österreichischen EU-Beitritt für Agrarprodukte gut funktioniert, auch bei der Mehrwertsteuer existieren derartige Systeme, Einfuhrumsatzsteuer beziehungsweise Erstattung der bezahlten Umsatzsteuer beim Export. Dadurch würde die internationale Wettbewerbsneutralität einer CO2-Steuer hergestellt und eine Verlagerung der Produktion ins Ausland verhindert. Die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) erlauben es, Konsumsteuern auch auf Importe, etwa in Form einer Einfuhrumsatzsteuer, einzuheben, um Wettbewerbsneutralität zwischen heimischen Produzenten und Importen herzustellen. So konnte ich in den 1980er Jahren im Kabinett von Landwirtschaftsminister Erich Schmidt meine GATT-Kenntnisse nutzen, um die Rahmenbedingungen für eine Förderung der Ölsaatenproduktion in Österreich zu schaffen, was zu einer Explosion der Ölsaatenproduktion führte. Nach dem Muster des Finanzsektors könnte die EU jenen Ländern, die einen vergleichbaren CO2-Peis besitzen, Äquivalenz gewähren, wodurch für Exporte aus diesen Ländern keine Grenzausgleiche an den EU-Außengrenzen erforderlich wären.

Die Einnahmen könnten zur Senkung regressiver Abgaben wie der Ökostromabgabe - der Zuschlag zum Strompreis belastet vor allem ärmere Haushalte, weil viele andere Bereiche befreit sind - oder der Lohnnebenkosten verwendet werden. Letzteres durch Abschaffung des Wohnbauförderungsbeitrages würde zu mehr Beschäftigung und geringerer Arbeitslosigkeit führen. Die OECD kommt zum Schluss, dass eine Senkung der Lohnnebenkosten zu mehr Beschäftigung insbesondere bei geringer qualifizierten Arbeitnehmern führt. Die Senkung der Lohnnebenkosten um 10 Prozent könnte die Arbeitslosigkeit um 2,8 Prozentpunkte senken. Auch der IWF plädiert seit Jahren für Energiesteuererhöhungen.

Klimaschutz darf nicht die Ungleichheit erhöhen

Der Anstieg der Energiepreise würde zu Substitutionseffekten und einer Reduktion der Energieintensität führen, wie wir es schon nach den Ölkrisen der 1970er und 1980er Jahre erlebten. Ein Beispiel dafür sind die Steuern auf Treibstoffe, die in der EU wesentlich höher sind als in den USA. Dies hat dazu geführt, dass der Fahrzeugbestand in der EU wesentlich energieeffizienter ist als in den USA.

Der Klimaschutz ist so zu gestalten, dass er die Ungleichheit nicht erhöht, sonst droht ein Backlash wie in Frankreich. Ein negatives Beispiel ist die Ökostromabgabe zur Finanzierung der Ökostromerzeugung, die den Strompreis, die Ungleichheit (ärmere Konsumenten werde belastet, Produzenten kassieren hohe Renditen) und den CO2-Ausstoß (die Eisenbahn büßt Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Lkw ein) erhöht. Wir brauchen einen gerechten Übergang, der die Kosten nicht wieder vor allem den ärmeren Konsumenten aufbürdet.