Zum Hauptinhalt springen

Ein Déjà-vu am Arbeitsmarkt?

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Große Geldspritzen sind im Kampf gegen die Flaute nicht mehr möglich.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Es ist ein Fluch, in interessanten Zeiten zu leben", sagte einst die deutsch-amerikanische Soziologin Hannah Arendt. Während Ökonomen die Euro- und Schuldenkrise sowie die Achterbahnfahrt der Konjunktur gespannt mit Argusaugen beobachten, stehen für viele arbeitende Menschen Job und Existenz auf dem Spiel.

Nach Einschätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo wird sich die Konjunktur 2012 auf 0,8 Prozent Wachstum abkühlen - weitere Katastrophenszenarien sind dabei noch nicht berücksichtigt. Betroffen sind durch den internationalen Abschwung in Österreich besonders exportorientierte Sachgütererzeuger. Auch die Firmen des Dienstleistungssektors und der Baubranche haben ihre Erwartungen für die kommenden Monate zurückgeschraubt.

Driftet das Wachstum gegen Null, wird es für den Arbeitsmarkt kritisch: Das Arbeitsmarktservice (AMS) schätzt, dass die Zahl der Arbeitslosen in Österreich um 3,7 Prozent auf 255.900 Jobsuchende ansteigen könnte.

Sorgenkind Inlandskonsum

Droht ein Déjà-vu am Arbeitsmarkt, das der Zeit nach der Lehman-Pleite 2008 ähnelt? Einige Ökonomen sprechen derzeit von einer "Konjunkturdelle", sehen aber noch keine Krise am Arbeitsmarkt, die mit 2008 und 2009 vergleichbar wäre. Arbeitnehmervertreter wie etwa Werner Muhm, Direktor der Arbeiterkammer, sprechen indes vom "vierten Jahr der Krise" statt von "zwei Jahren nach der Krise" und zeigen sich besorgt um Wachstum und Jobs. Um Wachstum aufrechtzuerhalten, dürfe man sich nicht wie Deutschland und Österreich nur auf die Exporte verlassen, sondern müsse die Nachfrage der Konsumenten im eigenen Land ankurbeln. "Dazu sind ausreichende Lohnabschlüsse notwendig", sagt Muhm. Weiters müsse man schauen, dass Österreich ein Industrie-Standort bleibe. Muhm: "Mit Jobs in Banken und Versicherungen allein kommen wir nicht voran."

Bewahrheiten sich die schlechten Wachstumsprognosen, wird der Jobabbau - so wie bei allen Krisen - mit gewisser Verzögerung als Erstes den Sachgüter-, Industrie-, Automobil- und Metallbereich treffen, sagt Wifo-Ökonom Helmut Mahringer. Zu den Opfern würden vor allem Arbeitnehmer am Rande der Erwerbsgesellschaft zählen: Jugendliche und Ältere, Leiharbeiter und ausländische Arbeitskräfte. Dass es zu einem Déjà-vu von 2008 kommt, glaubt der Arbeitsmarktexperte nicht. Allerdings liegen doch einige Ungewissheiten in der Luft: Dass 2009 und danach die große Kündigungsflut ausgeblieben ist, führen Politiker stolz auf die Kurzarbeits-Regelung zurück. Auch Mahringer spricht davon, dass die Politik mit der Kurzarbeit verunsicherten Unternehmen ein wichtiges Auffang-Gefühl gegeben hat und geben kann.

"Oft vergessen wird aber, dass den Menschen 2009 auch die Steuerreform, eine starke Lohnrunde - basierend auf der hohen Inflation - und ein öffentliches Konjunkturpaket zugute gekommen sind", sagt Mahringer. Alles Anreize, die die private Nachfrage gestützt haben - mit denen aber in den nächsten Monaten nicht zu rechnen ist. Mit der Folge, dass ein Jobabbau mit Fortschreiten des Abschwungs auch den Dienstleistungssektor treffen könnte.

"Eine gute Zeit für Bildung"

"Für "Riesenkonjunkturprogramme ist angesichts der hohen staatlichen Gesamtverschuldung kein Geld da", winkte Sozialminister Rudolf Hundstorfer vor kurzem ab. Sollten sich die Bedingungen am Arbeitsmarkt allerdings weiter eintrüben, will er "zusätzliche 24 Millionen Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik -"Aktivierungsbeihilfe" - lockermachen.

Eine Beihilfe, die aus Sicht von Ökonomen dringend in die Weiterqualifizierung von Arbeitnehmern, speziell Jugendlichen, fließen soll. Auch weitere flexible Arbeitszeitmodelle und Urlaubsabbau bieten sich für Betriebe an, um die kommende Konjunkturdelle zu überbrücken.