Zum Hauptinhalt springen

Ein demokratischer Bildungskonvent ist nötig

Von Christian Felber

Gastkommentare

Den Studierenden ist dafür zu danken, dass sie zur Eigenverantwortung schreiten und sich aktiv für die Öffnung, Demokratisierung und bessere finanzielle Ausstattung der Unis einsetzen. Ein attraktives und chancengleiches Bildungssystem ist ein wichtiges Element der Demokratie.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Österreich ist steinreich und könnte sich ein demokratisches Bildungssystem sehr viel leichter leisten als die meisten Staaten dieser Welt. Der Punkt ist, dass die Regierung dessen Wert nicht erkennt und offene Hochschulen nicht ausreichend finanzieren will - mit der immergleichen Ausrede: Es sei kein Geld da.

Doch dass es sich bei dieser Weigerung um kein Finanzierungsproblem handelt, sondern um eine politische Priorität, zeigen folgende Tatsachen: Als die Großbanken Staatsgeld brauchten, waren sofort 100 Milliarden oder 35 Prozent vom BIP da - ohne lange Diskussion. Zum Vergleich: Für die Hochschulen gibt die Regierung 2,8 Milliarden oder 1,1 Prozent des BIP aus. Dass das nicht das maximal Mögliche ist, zeigen mit Österreich vergleichbare Länder wie Finnland oder Schweden, denen die Hochschulen fast 2 Prozent des BIP wert sind, Kanada sogar 2,4 Prozent. Österreich ist nicht nur bildungsskeptisch, der Trend geht noch in die Gegenrichtung: 2000 waren es noch 1,1 Prozent des BIP, 2007 nur noch 1,06 Prozent. Mit den 34 zusätzlichen Millionen sind es jetzt 1,07 Prozent.

Wie viel Reichtum vorhanden wäre, zeigte die Nationalbank letzte Woche: Allein die Finanzvermögen der Privathaushalte sind in Österreich heuer weiter auf 429 Milliarden Euro angewachsen. Eine Steuer von 0,3 Prozent auf diese Vermögen würde ausreichen, um das Hochschulbudget um 50 Prozent aufzupeppen. Auch die Einbeziehung aller Kapitaleinkommen unter die Einkommenssteuer würde viele Milliarden an zusätzlichen Steuern einspielen. Oder die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer auf Erbschaften von mehr als 500.000 Euro. Heute zahlen die Multimillionäre und Milliardäre weder Vermögenssteuer noch Erbschaftssteuer.

Dass sich Österreich eine bessere finanzielle Hochschulausstattung nicht leisten könne, ist also ein Mythos. Doch in seiner Rede "Projekt Österreich" sprach Josef Pröll vor zwei Wochen Klartext: "Wir brauchen keine zusätzlichen Steuern." Die Regierung will nicht. Dabei sollte sie den Studierenden dankbar sein für deren Engagement. Seit Jahr und Tag wird die Politikverdrossenheit der Bevölkerung beklagt, und wenn sie sich endlich regt und Gestaltungswillen anmeldet, wird sie schroff abserviert. Wache Politiker sollten die Gunst der Stunde nutzen und eine echte Alternative schaffen: einen Bildungskonvent, an dem nicht nur die Betroffenen der Hochschulbildung, sondern des gesamten Bildungssektors teilnehmen und Werte, Ziele, Inhalte und Finanzierung des demokratischen Kernguts Bildung neu festlegen.

Christian Felber ist freier Publizist und Mitbegründer von Attac Österreich.

Obenstehender Gastkommentar gibt ausschließlich die Meinung des betreffenden Autors wieder und muss sich nicht zwangsläufig mit jener der Redaktion der "Wiener Zeitung" decken.