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Dirk Notheis hat die Bawag verkauft, nun berät er die Regierung bei der Hypo.
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Wien. Wieder Retter sein. Wieder ein Milliardengeschäft orchestrieren. Wieder in der Champions League der Finanzwirtschaft spielen. Für Dirk Notheis bietet der Ruf aus Österreich, die Regierung bei der Hypo-Abwicklung zu beraten, große Chancen. Die Regierung wiederum erhofft sich durch Notheis’ Expertise, dem Best-Case-Szenario für die Bank zumindest so nahe wie möglich zu kommen.
Dirk Notheis, 45, war schon einmal der große Retter in Österreich. 2006 orchestrierte der damalige Deutschlandchef der Investmentbank Morgan Stanley den Verkauf der Bawag an den US-Fonds Cerberus. Es war ein monatelanger Kraftakt, selbst Rudolf Hundstorfer, zu jener Zeit ÖGB-Präsident, sprach vom "schwierigsten Bankverkauf Europas". Am 30. Dezember 2006 wurde der Kaufvertrag unterzeichnet, war der Gewerkschaftsbund seine Bank und deren Verbindlichkeiten losgeworden.
"Es ging damals um viel mehr als um den Verkauf einer Bank, es ging um die Rettung einer gesellschaftlichen Säule. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir es geschafft haben", sagte Dirk Notheis in einem Interview mit dem deutschen Magazin "Junge Karriere" im August 2009. Damals spielte Notheis auch noch in der Champions League der Finanzwelt und der Politik. Heute ist alles anders.
Im Juni 2012 musste der einflussreiche Investmentbanker seinen Posten bei Morgan Stanley räumen, eine schillernde Karriere war damit plötzlich zum Stillstand gekommen. Notheis, der Banker, den Morgan Stanley schon mit 31 Jahren in die Führungsriege holte, der die Deutsche Bahn und die Postbank an die Börse brachte, stolperte über eines dieser Milliardenprojekte, die er betreute.
Im Jahr 2010 kaufte das Bundesland Baden-Württemberg vom französischen Energieunternehmen EDF ein Aktienpaket des Landeskonzerns EnBW um 4,67 Milliarden Euro zurück. Es sollte ein Coup für den Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) werden, kurz vor den Landtagswahlen.
Affäre kostete Job
Mappus wählte dabei aber den kurzen Weg, vorbei am Landtag. Und dann verlor er noch die Wahl, seither regiert Grün-Rot. Und die einstige Opposition glaubt, dass Mappus zu viel für den Rückkauf bezahlt und das Land geschädigt habe. Notheis, der einst selbst eine Politikkarriere in der CDU verfolgte, hatte seinen Freund Mappus bei dem Deal beraten. Keine optimale Optik, würde man dazu in Österreich sagen. Beide dementieren seither jegliches Fehlverhalten ab, doch die EnBW-Affäre begann.
Rund zwei Jahre später tauchten dann E-Mails von Notheis auf. Sie zeichneten nicht nur ein selbstherrliches Bild des Investmentbankers, sie unterstrichen auch den Verdacht, dass Baden-Württemberg womöglich doch zu viel bezahlt hatte. Die 40 Euro pro Aktien seien "mehr als üppig" gewesen, schrieb Notheis an René Proglio, den Frankreichchef von Morgan Stanley. Dessen Zwillingsbruder Henri Proglio ist übrigens Vorstandschef bei EDF. Es folgten Hausdurchsuchungen, unter anderem auch bei Notheis.
Der Banker wollte sich öffentlich verteidigen, doch Morgan Stanley ließ ihn nicht, stattdessen musste er gehen. Einige Wochen später entschuldigte er sich dann für den Ton seiner Mails, in denen er unter anderem Angela Merkel als "Mutti" bezeichnete. Die E-Mails hatten auch den Eindruck erweckt, Notheis sei nicht nur Berater gewesen, sondern habe politische Entscheidungsträger gesteuert. "Ich kann im heutigen Lichte nachvollziehen, dass es zu dieser Perzeption kommen kann", schrieb Notheis im Herbst 2012.
Seither muss Notheis an verschiedenen Fronten kämpfen. Ein Untersuchungsausschuss in Stuttgart befasst sich mit dieser Causa, die Staatsanwaltschaft ermittelt und in Zürich hatten sich erst vor wenigen Wochen Anwälte des Bundeslandes und der EDF vor dem internationalen Schiedsgericht ICC getroffen. Ein Urteil wird für den Frühling erwartet.
Notheis hat nicht lange pausiert, vermutlich kann er das gar nicht. Er startete den Fonds Rantum Capital und unterstützt mit ihm mittelständische Betriebe. Das ist freilich nicht mehr Champions League, das ist nur mehr Bundesliga, und so gesehen bietet der Ruf aus Österreich für Notheis eine Chance. Jetzt geht es für ihn wieder um Milliarden, so wie früher. Und Notheis kennt das Institut auch gut, schließlich beriet er die Bayern LB als die Hypo-Alpe-Adria verstaatlicht wurde.