Trump ist offiziell Präsidentschaftskandidat, erste Konturen des Wahlkampfs werden ersichtlich.
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Cleveland, Ohio. Gut ist es gegangen, nichts ist geschehen. Außer, dass Donald Trump seit gestern Abend endgültig das Wort "designierter" vor der Bezeichnung als Präsidentschaftskandidat streichen kann. Es ist vollbracht: Von den 2.475 Wahlmännern und -frauen, die gestern zum Zweck der offiziellen Nominierung des Kandidaten der Republikanischen Partei fürs Weiße Haus in die Quicken Loans Arena zu Cleveland gekommen waren, stimmte am Ende die Mehrheit für ihn. Bei drei Enthaltungen ergab sich, nachdem von Alabama bis Wyoming die Delegierten jedes einzelnen US-Bundesstaats und jedes Territoriums aufgerufen worden waren, folgendes Bild: Donald Trump, 1.725 Delegiertenstimmen. Ted Cruz, Senator aus Texas, 484. John Kasich, Gouverneur von Ohio, 125. Marco Rubio, Senator aus Florida, 123. Ben Carson, pensionierter Gehirnchirurg, 7. Jeb Bush, Ex-Gouverneur von Florida, 3. Rand Paul, Senator von Kentucky, 2. Keine beeindruckende, aber dennoch eine klare Mehrheit. Die Parteiführung durfte durchatmen.
Von kleinen atmosphärischen Störungen abgesehen – die Delegation von Washington D.C. zum Beispiel wollte Trump partout nicht wählen und protestierte wiederholt gegen das Convention-Regelwerk; was nichts daran änderte, dass ihre 19 Stimmen trotzdem Trump zugeschlagen wurden – blieb der Parteiführung genug Zeit, die Konsequenzen des eher holprigen Auftakts abzumildern. Was ihr besser als erwartet gelang. Drehte sich die mediale Aufmerksamkeit bis Dienstagnachmittag noch fast ausschließlich um den Plagiatsvorwurf gegen Melania Trump, die Teile ihrer montäglichen Rede fast wortwörtlich bei Michelle Obama abgekupfert hatte, herrschte am Ende des zweiten von den vier Tagen, die die Convention dauert, darob Einigkeit, dass es ein guter für die konservative Sache gewesen war. Zu verdanken hatten die Republikaner das einem schlauen Drehbuch, das eine Rollenverteilung vorsah, die klar definierter kaum hätte sein können.
Mitch McConnell, Sprecher der Mehrheitsfraktion im Senat und als nahezu lebenslanger Berufspolitiker alles andere als ein ausgemachter Trump-Fan, lieferte den letzten Zweiflern in der Partei handfeste Argumente, warum der New Yorker Immobilien-Magnat und Reality-TV-Star am Ende immer noch die bessere Wahl sei als Hillary Clinton: Sie würde die Abschaffung von Obamacare verhindern, er nicht. Sie würde den Bau der Keystone-Pipeline verhindern, er nicht. Und schließlich, das zurecht wichtigste Argument von allen: Sie würde als Präsidentin einen Richter oder eine Richterin auf der Bank des Supreme Court installieren, der oder die kein erzkonservativer sei wie der jüngst verstorbene Antonin Scalia, sondern eine/n Liberalen.
In die gleiche Kerbe schlug unmittelbar im Anschluss an McConnell Paul Ryan, der Sprecher der republikanischen Mehrheit im Abgeordnetenhaus. In seiner zur besten Sendezeit vorgetragenen Rede schaffte Ryan das Kunststück, den Namen Trump fast nie in den Mund zu nehmen. Stattdessen redete er über politische Ideen, die nur dann wirklich umzusetzen seien,wenn die Partei a) auch nach der Wahl im Herbst in beiden Kongress-Kammern die Mehrheit hat und b) ein Republikaner im Weißen Haus sitzt. Dass der dann auf jeden Fall Trump heißen wird, stört Ryan nicht (mehr) weiter.
Ebenso wenig wie Chris Christie, der Trump zumindest von außen besehen nicht nachtrug, dass er nicht ihn, sondern Mike Pence zu seinem Vize erkoren hatte (Pence wird morgen zur Convention sprechen). Im Tandem mit Ben Carson, der Clinton mit Luzifer höchstpersönlich verglich, spielte Christie seine Paraderolle als politischer Wadlbeißer vom Dienst und erklärte die designierte Kandidatin der Demokraten für nicht weniger als reif fürs Gefängnis. Das Publikum dankte es ihm mit lauten Sprechchören:"Lock her up! Lock her up!" "Sperrt sie ein!"
Während sich die Parteichefs und ihre Vasallen in Sachen Trump also auf die Vorzüge des politischen Pragmatismus beziehungsweise auf den Willen Gottes beriefen, übernahmen zwei bis vor kurzem noch ganz und gar politikferne Menschen die Lobpreisung des Spitzenkandidaten, die sich dafür garantiert nicht schämten. Tiffany Trump und Donald Trump Junior,die zwar nicht dieselbe Mutter, aber denselben Vater teilen, erzählten dem Auditorium, was für ein großartiger Mensch nämlicher sei. Nachdem beide in dieser Rolle überzeugten, war die Posse um die Rede von Trumps jetziger Frau, mit der er eine Tochter hat, fast vergessen.