Zum Hauptinhalt springen

Ein dreifaches Hoch auf das Lob

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Anerkennung für gute Leistung: leider viel zu selten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Kleine Karte - große Wirkung: "Dickes Lob" steht da in fettgedruckten Buchstaben. Darunter ist noch Platz für ein putziges Nilpferd und persönliche Worte. Wem auch immer man die "Lobkarte" des Grazer Business-Software-Anbieters Future Factory mit einem kleinen Dankeschön zusteckt - die Freude ist groß.

"Lob ist man nicht gewohnt", sagt Future-Factory-Geschäftsführer Andreas Bergmann. Eine Reihe von Studien belegt das. So sagt laut Engagement-Index des Meinungsforschungsinstituts Gallup etwa nur jeder fünfte deutsche Arbeitnehmer, dass ihm für gute Arbeit auch Lob gezollt wird. In Österreich dürfte es ähnlich sein. Das alte Sprichwort "Ned g’schimpft is g’lobt gnua" bestimmt über weite Strecken die Beziehungen zwischen der Belegschaft und den Vorgesetzten. Was schade ist, denn: "Wer gelobt wird, bringt gerne noch mehr hervorragende Leistungen", so Bergmann. Seine Karten sollen ein kleiner Beitrag "für eine bessere und fröhlichere Wirtschaftskultur" sein.

Ob Mitarbeiter, Geschäftspartner, Briefträger oder Taxifahrer: Wo immer gute Dinge auffallen, darf gelobt werden. Inflationär sollen die Karten jedoch nicht verwendet werden, da könnte der Schuss nämlich nach hinten losgehen. Wie lobt man also richtig? - "Lob muss immer authentisch sein", betont Psychologin und Coach Dagmar Stanzig im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Eine wertschätzende Äußerung, die auf den jeweiligen Mitarbeiter und seine Leistung zugeschnitten ist: Das ist es, was echt motiviert. Ein Chef, der ständig jedem im Vorbeigehen auf die Schulter klopft und bei jeder Gelegenheit betont, wie "super" alle sind, wird wohl eher nicht ernst genommen.

Aber was tun, wenn trotz guter Leistungen die Anerkennung ausbleibt? Dann darf man den Chef ruhig aktiv darauf hinweisen, sprich: sich sein Lob abholen. Stanzig: "Loben ist nicht nur eine Bringschuld der Führungskraft, sondern auch eine Holschuld des Mitarbeiters." Dazu muss man allerdings wissen, dass man gut ist. "Ich fordere in meinen Seminaren die Leute manchmal zu einem Selbstversuch auf. Sie sollen sich selber loben und sagen, worauf sie stolz sind. Da winden sie sich", erzählt Stanzig aus ihrer Beratungstätigkeit.

Es spricht auch nichts dagegen, dass Mitarbeiter ihren Chefs ab und zu ein Dankeschön aussprechen und ihnen so signalisieren, dass sie sie schätzen. "Viele Führungskräfte sagen: Das geht mir unheimlich ab", weiß Stanzig. Anerkennungsdefizite gibt es also nicht nur an der Basis, sondern auch an der Spitze, wo es bekanntlich einsam ist. Loben im Wertesystem einer Firma verankern: Davon profitieren beide Seiten.

Aber auch ein noch so ernst gemeintes Lob kann seine Wirkung verfehlen, warnt Stanzig. Eine wichtige Voraussetzung für Lob sei auch, dass es auf fruchtbaren Boden fallen müsse, sagt die Psychologin: "Unter Umständen übt Lob Druck aus, nämlich bei Mitarbeitern mit zu wenig Selbstwertgefühl." Signalisiert der Chef: "Ich glaube an dich", der Kollege ist aber davon überzeugt, nichts zu können, dann verstärkt das das Dilemma des Zweiflers. Gute Mitarbeiterbeobachtung sei daher nötig.

In zahlreichen Firmen hat es sich eingebürgert, den Mitarbeiter der Woche, des Monats oder des Jahres zu küren. Das ist nicht immer motivierend. Wer regelmäßig bestimmte Angestellte oder Abteilungen herauspickt und vor ihren Kollegen auf ein Podest stellt, muss mit dem Frust und dem Neid derer rechnen, die nicht gelobt wurden, sagt die Psychologin.

Kann man auch zu viel loben? Stanzig meint dazu: "Wenn Lob ehrlich und persönlich gemeint ist und es sich nicht um leere Floskeln handelt: Nein. Babys kann man auch nicht zu lieb haben." Die Angst, dass zu viel gelobt wird, bestehe aber ohnehin nicht, denn "dazwischen wird ja immer wieder kritisiert".