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"Ein Drittel sollte in Ruhe sterben"

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft

46 Prozent der KMU machen Verlust, nicht erst seit der Krise. | Eines der größten Probleme sind hohe Lohnnebenkosten. | Wien. Einmal mehr werden Budget-Probleme die langfristig geplanten Erleichterungen für Klein- und Mittelunternehmen (KMU) in Österreich vereiteln, ärgert sich Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria. Dabei hätte er so viele Ideen, wie man den wichtigsten Motor der heimischen Wirtschaft stärken könnte, denn 2009 gab es nach Angaben des Kreditschutzverbandes 28.900 Gründungen, aber auch 6900 Insolvenzen (9,3 Prozent mehr als 2008) im Kleinunternehmerbereich.


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"Die Ertragslage der KMU ist schlecht", so Bornett. Und das nicht nur auf Grund von äußeren Hürden, sondern auch, weil viele Kleinunternehmer keine gelernten Verkäufer sind. Dazu liefert er anschauliche Zahlen: Von 300.000 KMU (also Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten) sind 24 Prozent sehr ertragsstark, aber 46 Prozent schreiben Verluste - nicht erst seit der Krise.

"Von Letzteren weiß es die Hälfte aber nicht, weil sie ihren eigenen Zeitaufwand zu niedrig oder gar nicht berechnen und Selbstausbeutung betreiben", erläutert der KMU-Forscher. Etwa ein Drittel aller KMU leidet unter schlechter Eigenkapitalausstattung, weil der Gewinn fehlt. Das Problem ist, dass solche Unternehmen in der Not Aufträge zu jedem Preis annehmen oder zu hohe Rabatte gewähren. "Ich würde ein Drittel der KMU in Ruhe sterben lassen und sie nicht subventionieren - weil das sind diejenigen, die den anderen schaden", so Bornett. Diese anderen sind ein wichtiger Wirtschaftsmotor: Sie generieren 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und beschäftigen etwa zwei Drittel der Angestellten.

Steuerprivilegien auch für kleine Unternehmen

"Die Politiker sprechen davon, dass sie die KMU stärken wollen, aber den Worten folgen nicht immer Taten", weiß Bornett aus Erfahrung. Eines der größten Probleme ist die hohe Lohnnebenkostenbelastung, bei der Österreich EU-weit "im Spitzenfeld" liege.

"Eine Million Euro zur Senkung dieser Kosten würde den KMU helfen und auch der Wirtschaft, denn die hohen Lohnnebenkosten sind einem Beschäftigtenwachstum hinderlich", erläutert Bornett. Das zeige sich auch in der wachsenden Zahl von Ein-Personen-Unternehmen.

Als alternative Einnahmequelle für den Finanzminister schlägt er Verbraucher- und Umweltsteuern vor, die die KMU weniger belasten, da diese weniger energieintensiv arbeiten als Großbetriebe. "Aber eine solche Maßnahme müsste gut verkauft werden - und es geht nicht um die Bestrafung von großen Unternehmen", betont Bornett.

Das gilt auch für seinen Vorschlag, die Steuerbefreiung von nicht entnommenen Gewinnen einzuführen. Diese Maßnahme wäre seiner Ansicht nach ein Ausgleich zu den steuerlichen Einsparungsmöglichkeiten, die den Großkonzernen aus der Gruppenbesteuerung und diversen Bilanzierungsvorteilen entstehen.

Die Förderung von KMU könnte auch durch öffentliche Ausschreibungen erfolgen. Bornett schlägt vor, Großaufträge wie neue Fenster für alle Kasernen in Österreich zu portionieren, damit auch kleine Betriebe einen Teil davon durchführen können. Außerdem sollten die Wegzeit und geringere Folgekosten durch eine Vor-Ort-Betreuung stärker in die Vergabekriterien einfließen.

Für Handwerker-Bonus gegen Schwarzarbeit

Denkbar wäre für den KMU-Forscher auch ein Ansatz wie in Deutschland, wo Private die Kosten für einen Handwerker bis zu einem gewissen Betrag steuerlich absetzen können, was der Schwarzarbeit entgegenwirkt. "Wir brauchen mehr Mut bei steuerlichen Anreizen und es wäre mit dem jetzigen Budgetdefizit völlig verfehlt, am falschen Platz zu sparen", betont Bornett. "Es muss ein Entwicklungsplan für die nächsten zehn Jahre gemacht werden, nicht nur bis zur nächsten Wahl."

Positiv streicht er Initiativen wie das online verfügbare Unternehmerserviceportal heraus, mit dem Unternehmensgründungen nur mehr wenige Stunden dauern. Dennoch stöhnten viele Kleinbetriebe unter dem großen administrativen Aufwand, den sie mit dem Melden von Daten an verschiedene Behörden hätten, so Bornett.