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Michael Moore ist nicht nur wegen seiner Körperfülle ein gewichtiger Selbstdarsteller. Er gibt sich auch gerne als kritischer Patriot, der ungeniert Missstände aufzudecken weiß. Spätestens seit der Oscar-Verleihung eilt ihm der Ruf des einsamen Kämpfers gegen das böse, geldgierige Amerika voraus. Am gestrigen Montag zeigte arte das Porträt aus dem Jahr 1998 "The Big One" (Der große Macher): Darin begleitet Moore sich selbst, er tingelt auf Promotionstour quer durch die Vereinigten Staaten.
Dass arte den Filmemacher gerade jetzt zum Thema macht, ist kein Zufall. Jenseits des Atlantiks läuft eine hitzige Debatte gegen Moore: Ihm wird nicht nur vorgeworfen, schlampig zu recherchieren, sondern auch bewusst Fakten und Zahlen zu manipulieren. Kritik kommt aus allen, auch aus den linken und liberalen Lagern, die ihn zuweilen als paranoiden Propagandisten hinstellen und seinen Bestseller "Stupid White Man" (Dummer weißer Mann) schon gerne mit "Dishonest White Man" (Unaufrichtiger weißer Mann) überschreiben. Die Debatte hat Europa noch nicht erreicht und wird wohl auch nicht so schnell überschwappen. Doch weiß arte im Vorfeld Position zu beziehen und erklärt, dass Moore zweifelsohne im Porzellanladen des investigativen Journalismus einen trefflichen Elefanten abgebe. Deswegen würden auch seine Dokumentarfilme die Subjektivität eines filmenden Politikaktivisten zelebrieren. Was schließlich die Widersinnigkeit des politischen Spektakels, das sich doch Millionenfach verkaufen soll, auf den Punkt bringt: Die reine Wahrheit verkauft sich halt nie so gut, wie die inszenierte.