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Ein eigener Europa-Minister könnte die Union aufwerten und die Außenministerin abwerten

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Die Diskussion um die Schaffung eines Europa-Ministers bekommt wieder neue Nahrung. In Österreich sprechen sich derzeit mit Ausnahme der ÖVP, die seit Jahren die Außenminister-Stelle inne hat, alle Parteien dafür aus. Nur in vier Mitgliedsländern - Großbritannien, Frankreich, Italien und Dänemark - gibt es einen Ministerposten, der ausschließlich für die Europäische Union abgestellt ist.


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Europa ist reformbedürftig. Doch die Lösung des Problems heißt nicht Einrichtung eines Europa-Ministers in den Mitgliedstaaten. Dieser Ansicht ist die für die EU zuständige Außenministerin, Benita Ferrero-Waldner. Sie hat sich bereits wiederholt gegen einen EU-Minister ausgesprochen. Das wäre keine Erleichterung, sondern damit würde im Gegenteil "eine Parallelstruktur" geschaffen. Nicht verhehlen kann Ferrero-Waldner freilich die enorme Arbeitsbelastung. "Der Allgemeine Rat ist sehr belastet", meint auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Dennoch lehnt er die Einrichtung eines Europa-Ministers in Österreich ab; das erfordere wieder einen neuen Apparat. Auch der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Michael Spindelegger, warnt vor einem größeren Aufwand bei der Koordinierung. Vielmehr sollte man "die Dritt-Staaten-Treffen verringern", regte Schüssel bereits an. Bei 200 Sitzungstagen im Jahr stelle sich die Frage, "wann soll da noch gearbeitet werden?", meinte der ehemalige Regierungsbeauftragte und nunmehrige Koordinator des Stabilitätspakts, Erhard Busek, zur "Wiener Zeitung". Die Problematik sei in Wirklichkeit: "EU-Politik ist nicht Außenpolitik, sondern eine Mischung zwischen Innen- und Außenpolitik." Europapolitik sei "mehr und mehr europäische Innenpolitik und nicht mehr Außenpolitik"; deshalb und weil das Außenministerium "völlig überfordert" sei, befürwortet der Grüne EU-Abg. Johannes Voggenhuber einen EU-Minister.

Die Diskussion ist nicht neu. Einen entscheidenden Vorstoß lieferte vor einigen Wochen niemand geringerer als der EU-Generalsekretär selbst, Javier Solana. Gerade im Lichte der wachsenden Mitgliederanzahl müsse der Apparat der Union entschlackt und das Funktionieren der Abläufe optimiert werden, fordert Solana sinngemäß in dem von ihm vorgelegten Reformpapier. Besonders seine Idee von einem Rotationsprinzip in der EU-Vorsitzführung sorgte für Aufsehen und stieß bei kleineren Mitgliedsländern wie Österreich auf Ablehnung.

Zuletzt hat sich auch Deutschlands Kanzler Gerhard Schröder für die Schaffung eines Europa-Ministers im deutschen Kabinett ausgesprochen. Allerdings ist der vorgebrachte Gedanke im Lichte des Wahlkampfes zu sehen und wurde als Seitenhieb auf Grünen-Außenminister Joschka Fischer interpretiert.

Trotz ablehnender Haltung der ÖVP kann EU-Kommissar Franz Fischler der Idee von einem Europa-Minister etwas abgewinnen. Ein solcher würde die Union "sichtbarer" machen. Nun kann sich erstmals auch die FPÖ dafür erwärmen. Für Vizekanzlerin, FP-Obfrau Susanne Riess-Passer ist ein Europa-Minister "eine charmante Idee". Anders drückt es Klubobmann Peter Westenthaler aus: Die ÖVP habe "sicher kein Monopol" auf die österreichische Außenpolitik. Generalsekretär Karl Schweitzer verweist darauf, dass es im Außenministerium bereits ein Staatssekretariat (1990 bis 2000) gegeben habe. Das habe gut funktioniert. Einen Staatssekretär kann sich auch Außenministerin Ferrero-Waldner vorstellen. SP-Europasprecher Caspar Einem schwebt sogar ein Kanzleramtsminister im Rahmen einer neuen Verfassungskonstruktion vor.