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Ein eiserner Sparer soll das Land vor Bankrott retten

Von Tony Smith

Politik

Buenos Aires - Der neue argentinische Wirtschaftsminister Jorge Remes Lenicov ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Als sechster Ressortchef innerhalb eines Jahres will der peronistische Politiker versuchen, Argentinien aus der schweren Wirtschaftskrise zu führen. Kurz vor seiner Vereidigung wies der neue Präsident Eduardo Duhalde den Kongress noch einmal auf die schwere Bürde hin, die Remes Lenicov übernimmt: "Argentinien ist pleite", betonte Duhalde unverblümt vor den Abgeordneten. Nun wird der Peso abgewertet.


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Remes Lenicovs fünf Amtsvorgänger sind an der Aufgabe gescheitert, das einst wohlhabende südamerikanische Land vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch zu bewahren und soziale Unruhen abzuwenden. Der neue Minister steht im Ruf, ein beinharter Sparpolitiker und ernsthafter, wenn auch zuweilen unorthodoxer Ökonom zu sein. Vor allem verfügt er über gute Kontakte nach Washington.

Die wird er nach Einschätzung von Beobachtern auch brauchen: Zunächst muss Remes Lenicov sein Vorhaben durchsetzen, den Peso um bis zu 40 Prozent abzuwerten, einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und die Sparer besänftigen, die nur noch begrenzten Zugriff auf ihre Bankguthaben haben. Dem ersten Ziel ist Lenicov in der Nacht auf verganghenen Sonntag bereits ein großes Stück näher gekommen. Das argentinische Abgeordnetenhaus hat das Notstandsprogramm von Präsident Eduardo Duhalde gebilligt und damit den Weg für die Abwertung der Landeswährung Peso frei gemacht. Die Kopplung der argentinischen Landeswährung an den Dollar dürfte damit vorerst wohl vorbei sein.

Spendierfreudiger Chef

Was Lenicov noch Kopfzerbrechen bereiten könnte ist die Neigung seines populistischen Chefs Duhalde, sich das Wohlwollen von Bevölkerung und Verbänden mit öffentlichen Geldern erkaufen zu wollen. Schließlich muss er über die Rückzahlung der Auslandsschulden in Höhe von 132 Milliarden Dollar verhandeln und gleichzeitig den Internationalen Währungsfonds (IWF) davon überzeugen, Argentinien weitere Kredite zu gewähren.

Manche Beobachter halten Remes Lenicov für die richtige Person zur Bewältigung dieser Mammutaufgabe: "Duhalde hat mit diesem Mann eine gute Wahl getroffen", sagt Alberto Bernal, auf Lateinamerika spezialisierter Unternehmensberater. "Duhalde wird in Washington nicht sehr geschätzt, aber Remes genießt einen respektablen Ruf."

Als seine härteste Herausforderung bezeichnete es Remes Lenicov einmal, "meine Kollegen davon zu überzeugen, dass sie aktive Politik gestalten können, ohne die grundlegenden ökonomischen Gesetze zu verletzten". Als Wirtschaftsminister der Provinz Buenos Aires hatte er von 1989 bis 1997 reichlich Überzeugungsarbeit zu leisten - damals allerdings ohne Erfolg. Sechs der acht Jahre diente er unter dem damaligen Gouverneur Duhalde, der das Erreichen eines ausgeglichenen Haushalts verhinderte: Die Provinz hat heute 4,6 Milliarden Dollar Schulden und ein Steuerdefizit von schätzungsweise 2,5 Milliarden Dollar.