Das Pannendreieck allein ist ihm zu unsicher, also hat Bernd Balzer einen aufblasbaren Schutzengel für liegengebliebene Fahrzeuge entwickelt.
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Es war vor gut fünf Jahren, auf dem Autobahn-Pannenstreifen. Dem Vertriebsaußendienstmitarbeiter Bernd Balzer war ein Reifen geplatzt, und während neben ihm ein Fahrzeug nach dem anderen vorbeibrauste, wuchs die Angst, beim Reifenwechsel übersehen zu werden. So ganz war ihm nicht wohl dabei, sich nur auf das Pannendreieck als Vorwarnung für nachkommende Autofahrer zu verlassen. "Das ist ja sehr bodennah und springt einem deshalb nicht sofort ins Auge."
Erfindergeist, der er ist, beschloss Balzer, eine Vorrichtung zu entwickeln, die schon von Weitem optisch vor einem Auto mit Panne warnt. "Es sollte irgendetwas sein, das über dem Auto schwebt und schon aus der Ferne gut sichtbar ist", erzählt der gebürtige Frankfurter. Lange ging er mit seiner Idee schwanger, bis er zufällig auf die Firma No Problaim in Niederösterreich stieß. Das von Adolf Blaim (daher der Name) gegründete Unternehmen in Tresdorf stellt seit 1995 aufblasbare Werbeträger her, darunter auch "Air Dancer", die mit Luft gefüllt sind und herumflattern. Von da an war es nicht mehr weit zu jenem aufblasbaren Schutzengel, mit dessen Vermarktung Balzer soeben begonnen hat. Das Prinzip: Im Fall einer Panne wird der Kunststoff-Engel zum Aufblasen an den Zigarettenanzünder angeschlossen und am Fenster befestigt, sodass er dann gut eineinhalb Meter über dem Fahrzeug schwebt.
"Die erste Serie richtet sich speziell an Fernfahrer, weil sie auf der 24-Volt-Stromversorgung von Lkw basiert", erläutert Balzer. Vor allem sei bei dieser Verkehrsteilnehmergruppe das Bewusstsein für Gefahrensituationen stärker vorhanden als bei Pkw-Lenkern. Für jene soll es zwar auch bald einen eigenen Schutzengel geben, hier überlegt man bei No Problaim aber noch die Stromversorgung. "Im Gegensatz zu Lkw bleiben ja viele Pkw genau deshalb liegen, weil die Batterie eingeht", erläutert Geschäftsführer Stefan Geerlings. "Der Zigarettenanzünder ist dann also keine Option." In weiterer Folge wäre sogar ein Schutzengel-Airbag denkbar, der bei einem Aufprall automatisch hinten aus dem Autodach aufsteigt. Und auch als Baustellen-Absicherung käme er in Frage.
Aufblasbare Architektur
Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Und diesen beschreitet der deutsche Erfinder gemeinsam mit einem Österreicher. Über No Problaim hat Balzer nämlich Thomas Herzig und sein Unternehmen Pneumocell kennengelernt. Herzig, der zuvor als Architekt tätig war, ist mittlerweile ein Spezialist für aufblasbare Konstruktionen. Sein Produkt Pneumocell, das seit 2006 patentiert ist, hat sich schon in den verschiedensten Einsatzgebieten bewährt: als aufblasbare Bauelemente für Messestände, Veranstaltungshallen und Ausweichquartiere für Büros oder Industrie sowie transparente Überdachungen, aber auch in Form von Möbeln, Leuchten, Werbeträgern oder Skulpturen - sogar einen aufblasbaren Hüpfschuh entwickelt Herzig. Und mit dem Schutzengel hat er jetzt ein weiteres Betätigungsfeld gefunden. Bis zur Markteinführung in Österreich dürfte es allerdings noch ein wenig dauern, auch wenn die Serienreife schon fast erreicht ist. Nennen wollte Balzer sein Produkt ursprünglich einfach nur "Schutzengel", allerdings wird das vom deutschen Patent- und Markenamt nicht als Marke anerkannt. Und da eine englischsprachige Bezeichnung auf dem internationalen Markt wohl ohnehin sinnvoller ist, heißt der Schutzengel nun "Protection-Pal".
Um seinen Schutzengel zu vermarkten, hat er mittlerweile seinen Angestelltenjob an den Nagel gehängt und sich selbständig gemacht. "Meine Familie steht da voll hinter mir." Bei Herzig hingegen sorgte Pneumocell für zusätzliche Spannungen in der privaten Beziehung. "Meine damalige Freundin konnte Pneumocell irgendwann nicht mehr hören", erzählt er. Und das mit der Selbständigkeit ist auch so eine Sache: "Angestellte haben Angst um ihren Job - ich bin zwar mein eigener Chef, muss aber auch noch dem Geld meiner Kunden nachlaufen." Wenn sich das Produkt aber nur halb so gut verkauft, wie die Schilderungen des Duos hoffen lassen, könnte hier eine deutsch-österreichische Erfolgsgeschichte geschrieben werden.
www.pneumocell.com
www.noproblaim.at