Demokratischer Amtsinhaber führt nur knapp. | Republikaner profitiert vom Vater. | Newark. "Es ist schön hier zu sein", freut sich Bob Menendez, als er das Eingangstor seiner Alma Mater, der Rutgers Universität in Newark, langsam aufstößt. Es wird ein vielversprechender Tag, ist sich der demokratische US-Senator aus New Jersey sicher. Nicht nur weil es ein strahlend schöner Morgen ist, sondern weil dieser Tag auch gut anfängt. Nämlich mit einer Pressekonferenz, bei der er seine neue Gesetzesinitiative zur Eindämmung von Bandenkriminalität vorstellt.
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"Die Republikaner sprechen von Homeland-Security. Ich spreche von Town-Security. Und die brauchen wir genauso dringend", sagt Menendez. Immerhin ist Jugendkriminalität ein riesiges Problem in den USA. Und die Republikaner haben alle Geldhähne für Prävention und Resozialisierung zugedreht.
Tony Olajuwon wartet bis der Presse-Event vorbei ist. Er will den Senator zu einer Veranstaltung einladen, bei der er mit betroffenen Jugendlichen reden kann. Tony ist Gründer von "Justice for Youth Change", eine Organisation in Newark, die aus der Haft entlassenen Kids bei der Job- und Wohnungssuche hilft. "Dieses Gesetz ist genau das, was wir brauchen", meint Tony. Menendez ist ihm sympathisch, weil er weiß, was die Grassroot-Organisationen für ihre Arbeit brauchen. Tom Kean Jr. sei dagegen hochnäsig und hat keine Ideen, wettert er über den Herausforderer von Menendez, den 38-jährigen Republikaner Kean Jr. "Der redet nicht einmal mit uns."
Thomas Kean Junior ist Abgeordneter zum Bundesstaatsparlament von New Jersey. Er wird leicht mit seinem prominenten Vater, einem moderaten Republikaner verwechselt, der den gleichen Vornamen trägt. Der angesehene Altpolitiker war in den 80er Jahren Gouverneur von New Jersey und verdiente sich als Vorsitzender der 9/11-Kommission landesweit Respekt, auch bei den Demokraten.
Der Sohn setzt gerne auf die Bekanntheit und Integrität seines Vaters. Und seine Strategie hat bislang gut funktioniert. Umfragen sehen Menendez derzeit zwar in Führung, aber nur knapp vor Kean Jr. Ob der junge Politiker die fehlenden Prozentpunkte aufholen kann, ist fraglich. Nicht nur die Skandale innerhalb seiner Partei, sondern vorallem der Irak-Krieg werden immer mehr zu einem Problem.
In einer Radiokonfrontation zwischen beiden Kandidaten weigerte sich Kean Jr. auf die Frage, ob er für den Krieg gestimmt hätte, eine Antwort zu geben. 27 mal hatte der Moderator ihn danach gefragt. Erfolglos.
Bob Menendez hat kein derartiges Problem. Er war einer jener Demokraten, die im US-Repräsentatenhaus, in dem er 2003 saß, gegen den Einmarsch votierten. "Es war eine sehr schwierige Entscheidung", sagt er zur "Wiener Zeitung". "Der Druck von Seiten der Öffentlichkeit, entschlossen gegen Terror vorzugehen, war enorm."
Irak-Krieg als Atout der Demokraten
"Es ist der Krieg", sagen Donald Kraszewsky und Henry Dekoninzk unisono. Für die zwei Menendez-Wahlhelfer ist dies der entscheidendste Grund, warum viele der Wähler in den USA heuer ihr Kreuz eher bei den Demokraten machen werden, als bei den Republikanern.
Die zwei jungen Männer begleiten den Senator immer wieder, wenn er Straßenwahlkampf macht. Heute Nachmittag sind sie an der Bahnstation in Montclair, einer Kleinstadt 45 Minuten westlich von New York City, im Einsatz. Sie warten auf den Senator, der in Begleitung von anderen hohen Politikern der New Jersey-Politikszene Pendler treffen will, die in New York arbeiten und hier wohnen.
Crystal Mendoza arbeitet in dem kleinen Cafe gleich gegenüber der Bahnstation. Sie kommt aus der Dominikanischen Republik und findet es gut, dass Menendez kubanischer Abstammung ist. "Er ist ein guter Mann", sagt die 20-Jährige. Sie wird ihn auf jeden Fall wählen. Vor allem, weil das Ansehen der USA in der Welt seit dem Irakkrieg extrem gelitten hat.
Schmutzkübel auf
beiden Seiten
So sicher ist sich Walter Elliott hinsichtlich des Wahlkampfthemas Irak nicht. Der umtriebige Lokalreporter des politischen Wochenblattes "Weekly Visions Metro" aus Newark verfolgt die Wahlkämpfe seit Monaten. "Beide Kandidaten kommunizieren halt so gut es geht mit ihrer Anhängerschaft. Die unbekannte Größe sind die Unentschlossenen und Unabhängigen", analysiert er. Es wird verdammt knapp werden, meint er, seinen Tee schlürfend und die Szenerie vor dem Lokal kritisch beobachtend. Er mag Politik in New Jersey manchmal nicht, sie ist ihm zu negativ. "Immer wieder diese Schmutzkübelkampagnen", schüttelt er den Kopf. Von beiden Seiten nämlich.
Menendez wird von Kean in Werbespots beschuldigt, über Umwege öffentliche Gelder eingesteckt zu haben, was jener vehement dementiert. Kean dagegen wird von der Menendez-Kampagne vorgeworfen, ein unheilbarer Bush-Anhänger zu sein. Was dieser mit dem Argument abtut, ohnehin die Absetzung von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gefordert zu haben. Die Spots laufen gerade auf allen TV-Kanälen.
Brian Fallon, der Pressesprecher von Menendez, will vom Schmutzkübel nichts wissen. "Ich würde nicht sagen, dass unsere TV-Spots negativ sind", sagt er. Sie dienen lediglich zur Aufklärung, meint er. Und angefangen hätten schließlich die Anderen.
Das Menendez-Team wird mindestens 11 Millionen Dollar für den Wahlkampf ausgegeben. New Jersey, weil unmittelbar in der Nähe von New York gelegen, ist einer der teuersten Medienmärkte der USA. Da braucht man eine gut gefüllte Wahlkampfkasse.
Dass Bob Menendez diese Summe überhaupt aufstellen konnte, ist auch der Hilfe prominenter Demokraten zu verdanken. Sowohl Hillary als auch Bill Clinton und andere demokratische Größen vom Kongress halfen, wo immer es ging.
Sie wissen, dass der Senatoren-Sitz in New Jersey gewonnen werden muss. Nur dann gibt es eine Chance, die Mehrheit in beiden Häusern im Kongress nach zwölf Jahren wieder zurück zu gewinnen. Insgesamt brauchen die Demokraten dafür sechs Sitze im Senat und fünfzehn im Repräsentantenhaus.
10.000 Dollar kostete das Abendessen
1,25 Millionen Dollar hat der "Democratic National Congress", also die demokratische Parteiorganisation, Bob Menendez bereits zukommen lassen. Nach der heutigen Abendveranstaltung sollen es sogar noch mehr werden.
Um acht Uhr Abends wird der Senator aus New Jersey zu einem Fundraising Dinner in New York erwartet. Im historischem "Four Seasons Restaurant" an der 52. Straße wird zu seinen Ehren ein Abendessen gegeben. Geladen sind fast 80 Geldgeber. Der Eintrittspreis: 10.000 Dollar pro Person.
Für dieses Geld können die Gäste zwischen Lamm und Wolfsbarsch wählen. Und sie haben das Vergnügen, mit mehreren demokratischen Senatoren und dem Gouverneur von New Jersey, dem Milliardär Jon Corzine zu plaudern. Übrigens: Der Küchenchef ist Schweizer, der Restaurantmanager ist Österreicher. Zu trinken gibt es französischen Wein.
Das Podium ist schlecht beleuchtet. Das tut den Ansprachen, die dem exquisiten Abendessen folgen, aber keinen wirklichen Abbruch. "Bob ist ein Hundskerl, der den amerikanischen Traum verwirklicht hat", posaunt Jon Corzine in die Menge. Howard Dean, der Parteivorsitzende, lobt Menendez für seine Loyalität und Freundschaft. Als letzter der Honoratioren ist Menendez dran. Er ist ein guter Redner, spricht mit warmer Stimme.
"Es gibt sechs Gründe warum man die Demokraten in diesem Jahr wählen muss", sagt er und zählt auf: Erstens wegen des Irakkriegs, zweitens wegen des gesetzlichen Mindestlohns, drittens wegen der Energie- und Sicherheitspolitik, viertens wegen der Bildungspolitik, fünftens, weil kein Amerikaner mehr ohne Krankenversicherung sein darf und sechstens, weil es Zeit ist, wieder Integrität in die Politik in Washington zu bringen.
"Es muss Schluss damit sein, dass die Öl-Firmen unsere Energiepolitik vorschreiben. Und es muss Realität werden, dass das reichste Land der Welt auch das gesündeste ist", sagt er.
Nach achtzehn Stunden auf den Beinen wird auch der härtestgesottene Politiker langsam müde. Menendez verabschiedet sich. "Ich hoffe, wir sehen uns bald in Washington", ruft er noch, bevor er in sein Auto steigt.
Es war ein guter Tag für den Senator.