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"Ein ergreifendes Gefühl"

Von Alexander Maurer

Politik
Fast 20 Jahre hat Stadler auf diesen Moment gewartet. Foto: Je nis

Neo-Bezirkschef Paul Stadler will nicht ausführendes Organ seiner Partei sein, sondern für die Bürger arbeiten, wie er sagt.


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Wien. Für Paul Stadler (FPÖ) ist es der erste Bürowechsel nach 19 Jahren. So lange war der Freiheitliche als Bezirksvorsteherstellvertreter in der Simmeringer Opposition. Montagabend wurde er nun als erster blauer Bezirksvorsteher Wiens angelobt. Gestern war sein vielbeachteter erster Arbeitstag. "Ich habe größtenteils Medienanfragen beantwortet", meint er scherzend im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

"Da bekommt man Gänsehaut"

"Es ist ein ergreifendes Gefühl, wenn Sie da oben stehen und Ihnen klar wird, dass Sie jetzt Bezirksvorsteher sind", erzählt Stadler in Bezug auf seine Angelobung. "Da bekommt man richtige Gänsehaut." Der Kommunalpolitiker hat sein ganzes Leben im 11. Bezirk verbracht. "Hätte man mich vor 30 Jahren darauf angesprochen, hätte ich nie geglaubt, dass ich einmal in dieser Position sein könnte", meint er.

Stadler habe bereits hunderte E-Mails mit Anliegen der Bevölkerung erhalten. Etwa bezüglich der zu langsam fahrenden Straßenbahnlinie 71 oder Wiener Wohnen. "Da habe ich im Smalltalk mit Wohnbaustadtrat Ludwig bereits gefragt, ob ich mich bei gröberen Problemen an ihn wenden könne. Er meinte, ich solle sofort zu ihm kommen", erzählt Stadler. Michael Ludwig hatte die Angelobung des Neo-Bezirksvorstehers in Vertretung für Bürgermeister Häupl übernommen.

Neben den Gemeindebauten sind Stadler öffentlicher Verkehr und Grüngürtel ein Anliegen. Der Kommunalpolitiker setzt allgemein auf Zusammenarbeit - und um die kommt in Simmering keiner herum. Nach fast 70 Jahren einer roten absoluten Mehrheit müssen sich sowohl FPÖ als auch SPÖ ihre Mehrheiten suchen. Wenn nicht mindestens zwei der anderen Fraktionen - ÖVP, Grüne, Neos und "Gemeinsam für Wien" - mitziehen, kann ohne den anderen nichts im Bezirk entschieden werden.

Hier kann sich Stadler ein wenig Kritik an der SPÖ nicht verkneifen, auch wenn er die Zusammenarbeit mit seiner Vorgängerin Eva-Maria Hatzl als fair beschreibt. "Die Sozialdemokratie hat sich aufgrund ihrer absoluten Mehrheit manchmal überheblich verhalten", erinnert er sich. Als Beispiel nennt er das Bürgeranliegen einer Buslinie zum Industriegebiet hinter dem Zentralfriedhof. "Das hat die SPÖ immer niedergestimmt, weil sie es nicht wollte", erinnert er sich. Ein von den Sozialdemokraten vor der Wahl durchgebrachtes Konzept sieht eine Anbindung über die Ende 2017 fertiggestellte U1-Station Oberlaa vor. "Da bin ich als Simmeringer eine Stunde schneller in der Arbeit, wenn ich mit dem 71er beim 2. Tor des Zentralfriedhofs aussteige und zu Fuß durchgehe", meint Stadler. Er will das Konzept daher neu überdenken.

U3 bis Kaiserebreichsdorf

Wofür er sich weiterhin einsetzen werde, sei eine Verlängerung der Linie U3 bis Kaiserebreichsdorf, "auch wenn ich die Inbetriebnahme wahrscheinlich nicht mehr erleben werde", meint Paul Stadler lachend. Ginge es nach ihm, sollte die U3 aber gleich bis nach Schwechat oder zum Flughafen Wien verlängert werden, um den Pendlerverkehr aus Niederösterreich und dem Burgenland abzufangen. "Aber ich weiß natürlich, dass ich da prinzipiell nicht die Entscheidungsmacht habe", bleibt er realistisch.

Einfluss habe er aber, was das Parkpickerl betreffe. "Bevor ich mir das aufs Auge drücken lasse, werde ich eine Bezirksbefragung abhalten", erklärt er. "Wir sind grundsäzlich für ein Parkpickerl, aber es darf die Simmeringer nichts kosten."

Stadler möchte auch Jungunternehmer in den Bezirk locken, um der Simmeringer Hauptstraße wieder den Ruf einer Einkaufsstraße zurückzugeben. "Wir haben hier so viele leerstehende Lokale und so viele Unternehmer suchen Geschäftslokale", meint er. Er würde sich auch wünschen, die Dichte an türkischen Geschäften auf der Simmeringer Hauptstraße aufzulockern.

Auflockerung statt Absiedlung

Dabei gehe es ihm nicht um Absiedlungen, sondern darum, dass ein paar Geschäfte einige Meter weiter in andere Lokale ziehen. Alternativ möchte er die Geschäftsbetreiber dazu bewegen, ihre Tafeln teilweise auf Deutsch anzuschreiben. "Wenn die Österreicher nicht wissen, um was für ein Geschäft es sich handelt, gehen sie nicht rein. So könnten sich die Geschäfte mehr Kundschaft holen", sagt Stadler. "Das sind alles fleißige Geschäftsleute. Ich hab auch mit ihnen gesprochen, die sind freundlich, höflich, da gibts nix", betont er. "Aber die Einheimischen fühlen sich langsam wie Fremde im eigenen Land - zumindest haben sie es so an mich herangetragen", merkt Stadler an. Er habe auch schon intensive Gespräche mit der Liste "Gemeinsam für Wien" des Wiener Arztes Turgay Taskiran geführt. Stadler möchte das Gespür der Liste für die Probleme in den migrantischen Communitys nutzen, um das Zusammenleben im Bezirk zu fördern.

"Uns muss allen klar sein: Wir sind nicht hier, um Fraktionen zu stärken, sondern um für den Bürger zu arbeiten", betont Stadler. Seine Vorgängerin Eva-Maria Hatzl sieht das etwas anders. "Ich glaube nicht, dass Herr Stadler, wie er immer behauptet, im Bezirk wirklich das machen kann, was er will und nicht, was die Partei möchte", meint sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Ich gebe auch ehrlich zu, dass mir die SPÖ den Posten damals gegeben hat und hätte ich das so gemacht, wäre ich die längste Zeit dabei gewesen." Darauf angesprochen, winkt Stadler ab. "Die Landes- oder Bundespartei hat ja keine Ahnung, wie es in Simmering zugeht. Überregionales wird natürlich abgestimmt, aber für die Kleinpolitik hat die FPÖ ja mich", meint er.