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Bundespräsident fordert Lösung der Ortstafel-Frage "ohne Zeitverzug". | Lob von Prammer, Faymann, Pröll und den Grünen. | Wien. Fanfarenklänge. Das Publikum erhebt sich ehrfürchtig. Heinz Fischer betritt in Begleitung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer den alten Reichsratssitzungssaal. | Leitartikel: Heinz Fischer
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Zur zweiten Angelobung des alten, neuen Bundespräsidenten haben sich am Donnerstag die Spitzen der Republik im Hohen Haus am Ring versammelt. Von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll abwärts nahm die gesamte Regierung an der Zeremonie teil - bis auf Innenministerin Maria Fekter, die sich krankheitsbedingt entschuldigen ließ. Nicht dabei waren auch Stefan Petzner und Gerald Grosz - wenn auch aus anderen Gründen. Die BZÖ-Mandatare sagten, sie wollten so ein Zeichen für die Abschaffung des Präsidentenamts setzen.
Was den Glamour-Faktor der Veranstaltung nicht unbedingt schmälerte. So gaben sich neben Fischers Ehefrau Margit auch die Witwen von Fischers Vorgänger, Elisabeth Waldheim und Margot Klestil-Löffler, ein Stelldichein. Mit dabei waren auch EU-Kommissar Johannes Hahn, Repräsentanten der Religionsgemeinschaften und Höchstgerichte sowie Ehrengäste wie Tschechiens designierter Außenminister Karl Schwarzenberg.
Nach dem Schwur auf die Verfassung - Fischer gelobte, "dass ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde" - würdigte Prammer in ihrer Rede die bisherige Amtszeit des Bundespräsidenten.
"Besonnenheit und überlegtes Handeln"
Das Wahlergebnis vom 25. April (79,3 Prozent der Stimmen) sei eine Bestätigung für Fischers Arbeit und ein Auftrag für eine zweite Amtsperiode im bisherigen Stil, sagte sie. Dieser Stil sei unter anderem geprägt von "Besonnenheit und überlegtem Handeln".
Ein Präsident müsse "Orientierungspunkt, Wegweiser, Streitschlichter und moralische Instanz in einem sein", erklärte Prammer. Gleichzeitig warnte sie die anwesenden Politiker davor, "unrealistische Ansprüche" an das Staatsoberhaupt zu stellen und damit ihre politische und moralische Verantwortung nach oben zu delegieren. Auch die Bevölkerung nahm sie dabei nicht aus: Demokratie sei nicht nur ein Privileg, sondern auch Verpflichtung zur aktiven Teilnahme, erklärte Prammer wohl mit Blick auf die historisch niedrige Wahlbeteiligung am 25. April.
Mit einem "auf weitere gute sechs Jahre für Österreich" wollte Prammer dann auch gleich das Wort an den Bundespräsidenten übergeben. Ein wenig voreilig - sollte doch laut Programm zuerst ein Streichquintett aufspielen.
Der Bundespräsident nahms gelassen, setzte sich wieder hin und legte seine Redeunterlage beiseite - um wenig später protokollgemäß doch noch das Wort zu ergreifen.
Nach dem obligatorischen Dank an seine Frau, Familie und Unterstützer ging auch Fischer auf die niedrige Wahlbeteiligung ein. "Wer Demokratie will, muss auch bereit sein, Mitverantwortung für die Demokratie zu übernehmen", forderte er. Auch nahm er deutlich Stellung zu rechten Tendenzen: "Wir müssen die Reste oder gar eine Wiederbelebung nationaler und nationalistischer Polarisierung überwinden." Für Applaus sorgte Fischer mit seiner Forderung, ein "Einvernehmen über den geregelten Zugang zu Universitäten" herzustellen - "wir haben keine Zeit zu verlieren".
Während er heiße Eisen wie die Budget-Verschiebung oder den Fall Arigona Zogaj ausklammerte, fand der Bundespräsident - getreu seiner Ankündigung, in seiner zweiten Amtszeit eine klarere Sprache finden zu wollen - in der Frage der zweisprachigen Ortstafeln deutliche Worte. Er appellierte an den "Herrn Landeshauptmann von Kärnten", das Problem "ohne Zeitverzug in rechtsstaatlicher und vernünftiger Weise" zu lösen. Die Zeit dafür sei reif, meinte der Bundespräsident und bemühte die slowenische Sprache ("Cas je srel"), was ihm den Applaus freilich nicht aller Anwesender einbrachte.
"Es lebe die Demokratie, es lebe die Republik"
Der wiedergewählte Bundespräsident verabschiedete sich mit den Worten "es lebe die Demokratie, es lebe die Republik Österreich". Im Anschluss wurde Fischer von der Garde des Bundesheers auf dem Heldenplatz empfangen. Am Abend stand ein formeller Empfang in der Hofburg an.
Gratulationen zum Beginn seiner zweiten Amtsperiode bekam Fischer jedenfalls schon am Nachmittag: Er "genießt Respekt und Anerkennung in ganz Österreich, aber auch über unsere Staatsgrenzen hinweg sowie über alle Partei- und Ideologiegrenzen hinaus", erklärte etwa Kanzler Faymann. Dessen Vize Pröll wünschte Fischer "viel Kraft, sein Amt weiterhin mit Freude und Konsensorientierung auszuüben". Auch von den Grünen, die eine Wahlempfehlung für Fischer abgegeben hatten, kamen gute Wünsche.
Weniger erfreut zeigten sich FPÖ und BZÖ: Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat sich Fischer als "braver roter Parteisoldat" erwiesen. Die Orangen bekrittelten, dass der Präsident nicht auf das Budget eingegangen ist.
Wissen
Die wichtigsten Kompetenzen des Bundespräsidenten, wie sie in der Verfassung von 1929 festgelegt wurden:
Der Bundespräsident vertritt die Republik nach außen. Er ernennt die Regierungsmitglieder und Staatssekretäre, kann sie aber auch ihrer Ämter entheben und eine Übergangsregierung bestellen. Weiters kann er den Nationalrat oder die Landtage auflösen und "für die Dauer außerordentlicher Verhältnisse" den Sitz der obersten Bundesorgane und des Nationalrats an einen Ort außerhalb Wiens verlegen. Ihm obliegen das Recht, Notverordnungen zu erlassen, er ist Oberbefehlshaber über das Bundesheer. Der Präsident kann weiters die Bundesversammlung einberufen und Volksabstimmungen über Gesetzesbeschlüsse anordnen. Auch muss er das verfassungsmäßige Zustandekommen von Gesetzen beurkunden. Schließlich hat der Präsident auch Begnadigungsrechte - und er kann uneheliche Kinder für ehelich erklären.