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Ein-Euro-GmbH: EU-Parlament für Societas Privata

Von Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Empfehlung für Kompromisse verabschiedet. | Grundkapital und Mitbestimmung bleiben umstritten. | Brüssel. Die Klein- und Mittelbetriebe (KMU) in Europa kommen einer eigenen Gesellschaftsform auf EU-Ebene einen kleinen Schritt näher. Als Wegweiser für einen Kompromiss für die Schaffung der so genannten Europäischen Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea, SPE) könnte die Empfehlung des EU-Parlaments von dieser Woche dienen.


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Im Grunde soll mit der neuen Rechtsform mit einem Mindestgrundkapital von nur einem Euro die Unternehmensgründung erleichtern und Tochtergesellschaften in jedem Mitgliedsland nach dortigem Recht überflüssig machen. Nach dem Eintrag der SPE in ein Register bei der EU-Kommission gilt sie künftig EU-weit.

Die Gründung von Tochterunternehmen sei eine kostspielige Sache, sagte der zuständige Berichterstatter Klaus-Heiner Lehne von der CDU-Parlamentsfraktion. "Die neue Europa-GmbH erspart Zeit und Geld für Rechtsberatung, Management und Verwaltung." Die verabschiedeten Vorschläge bekommen einigen Bedenken Deutschlands und Österreichs entgegen. Denn unter den Mitgliedsstaaten sind vor allem das im Sinne des Gläubigerschutzes zu geringe Grundkapital und die Sorge um die Mitspracherechte der Arbeitnehmer ernsthafte Auseinandersetzungen.

Nur für Transnationale?

Konkret schlägt die deutliche Mehrheit der Abgeordneten vor, dass die SPE nur für grenzüberschreitend tätige Unternehmen gegründet werden darf. Das entspricht einer nachdrücklichen Forderung der Österreicher und der Deutschen, die um ihre eigenen GmbHs bangen, die schwieriger zu gründen sind. So sind in Österreich etwa mindestens 35.000 Euro Startkapital notwendig.

So solle ein Euro Grundkapital soll darüber hinaus nur reichen, wenn "das Leitungsorgan eine Solvenzbescheinigung unterzeichnet", heißt es im Bericht des Parlaments. Das heißt, dass der Geschäftsführer erst geprüft und dann in die Haftung genommen würde. Gibt es diese Bestimmungen nicht im Gesellschaftsvertrag gälte ein Mindestgrundkapital von 8000 Euro. Das liegt schon recht nahe an der Forderung von Wien und Berlin einer Untergrenze von 10.000 Euro.

Kaum erfreulich dürfte für Wien dagegen das präsentierte Modell der Arbeitnehmermitbestimmung sein. So gilt grundsätzlich das Recht jenes Mitgliedsstaats, in dem die SPE ihren Sitz hat - dem so genannten Herkunftsmitgliedsstaat. Dessen Mitbestimmungsregeln gälten für die gesamte Belegschaft. Das bedeutete für Angestellte einer SPE aus Großbritannien dann auch in der Niederlassung in Österreich wenig Mitsprache. Nur wenn die Gesellschaft mehr als 1000 Mitarbeiter hat, wovon mehr als 250 aus Österreich kämen, wäre diese Situation auszuhebeln.

Unter den Mitgliedsstaaten sind diese Punkte ohnehin noch völlig ungeklärt. Mit einer Einigung rechnen Diplomaten erst unter schwedischem EU-Vorsitz in der zweiten Hälfte des Jahres. Starttermin für die SPE wäre da der 1. Juli 2010.