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Ein Fall von Doppelführung

Von Edwin Baumgartner

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Es ist nur auch ein Fall Franz Welser-Möst, und es ist nur auch ein Fall Dominique Meyer. Vor allem aber ist das Staatsoperndesaster mit einem im Groll scheidenden Generalmusikdirektor ein Fall Doppelführung.

Einen Musikchef mit Kompetenzen auszustatten, die in jene des Direktors massiv eingreifen, schafft von vorneherein Reibungsflächen. Wer aus den konfliktreichen Doppelführungen der Staatsopern-Vergangenheit nicht gelernt hat und glaubt, zwischen Meyer und Welser-Möst würde nicht geschehen, was zwischen Egon Hilbert und Herbert von Karajan ebenso geschehen ist wie zwischen Claudio Abbado und Ioan Holender, ist naiv.

Wenn man schon eine Doppelführung will, dann muss man in den Verträgen der beiden Führungspersonen die Kompetenzen haarklein definieren, wie das etwa zwischen Holender und Seiji Ozawa der Fall war. Es muss eindeutig festgehalten sein, wer wem unterstellt und wem welche Kompetenz des künstlerischen Bereichs zugeordnet ist.

Eines nämlich muss klar sein: Weder wird ein übergeordneter Gesamtdirektor gänzlich auf künstlerische Kompetenz verzichten noch ein Musikdirektor. Denn ein Gesamtdirektor ohne künstlerische Kompetenzen ist, da er dem Haus im wesentlichen Punkt nicht die von ihm intendierte Richtung geben kann, ebenso eine lahme Ente wie ein Generalmusikdirektor eine lahme Ente ist, dessen Möglichkeiten sich darauf beschränken, das Jus Primae Noctis auszuüben, sprich: sich auszusuchen, welche Premieren er dirigiert und welche er anderen Dirigenten überlässt.