Der UNO-Migrationsvertrag will Migration ganz allgemein zur "Quelle von Wohlstand in unserer globalen Welt" erklären. Das ist Unfug.
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Dass die österreichische Bundesregierung den UNO-Migrationspakt wahrscheinlich nicht einfach durchwinken, sondern zumindest Vorbehalte anmelden wird, dürfte zwar zu einem guten Teil auch der Stimmung in breiten Teilen der Öffentlichkeit geschuldet sein, ist aber trotzdem eine richtige Entscheidung.
Denn zwar ist dieser "Globale Pakt über sichere, geregelte und planmäßige Migration", der Anfang Dezember in Marokko auf einer UN-Vollversammlung verabschiedet werden soll, nicht wirklich jenes Tor zur Einwanderungsapokalypse, als das er gelegentlich dargestellt wird, schon allein weil er rechtlich völlig unverbindlich ist - aber er ist ganz eindeutig das falsche Signal zur falschen Zeit.
"Wir sehen sie als eine Quelle von Wohlstand, Innovation und nachhaltiger Entwicklung in unserer globalen Welt an", heißt es da etwa in den Leitlinien des Vertrages über die Migration. Man kann das natürlich so sehen, aber mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun. In dieser Wirklichkeit ist Migration zwar unter ganz bestimmten Umständen für ganz bestimmte Personen eine Quelle des Wohlstandes, aber in anderen Fällen ist sie genauso eine Quelle von Spannungen, politischer Radikalisierung, beeinträchtigtem Wohlstand und anderen negativen Konsequenzen. Es kommt immer ganz darauf an.
Erst diese Tage hat die hochseriöse OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit) festgestellt, dass Wien im Ranking der Wirtschaftsleistung pro Kopf bis 2016 um gleich 20 Plätze abgestürzt ist und nun auf dem eher mediokren Rang 104 von 329 untersuchten Metropolen liegt. Als eine Ursache dafür nannte ein Experte des Wifo im "Standard" explizit die Zuwanderung von wenig oder gar nicht qualifizierten Personen, wie das vor allem 2015/16 der Fall war.
Nicht, dass das sehr überraschend kommt - wer halbwegs bei Verstand war, musste nach der Grenzöffnung im Herbst 2015 erkennen, welche Folgen das alles haben würde. Doch so richtig publik wird vieles - wie etwa auch die durchaus damit im Zusammenhang stehenden desaströsen Zustände an manchen Wiener Schulen in "sozialen Brennpunkten" - eben für eine breitere Öffentlichkeit erst jetzt, genauso wie die Folgen für das Sicherheitsgefühl der Bürger.
Just in dieser Situation ein völkerrechtliches Bekenntnis zur Migration abzugeben, ohne diese präzise zu benennen, also etwa auf politisch Verfolgte zu beschränken - so unterscheidet dieser Migrationsvertrag nicht einmal wirklich zwischen illegaler und legaler Migration -, wäre nicht eben besonders intelligent.
Schon jetzt fühlen sich viele Menschen von der Globalisierung und ihren vielfältigen Folgen massiv bedrängt. Ihnen nun im Wege eines allgemein gehaltenen Bekenntnisses zu Einwanderung - denn darum geht es im Falle Europas ja vor allem - noch weitere Ängste aufzuladen, wäre nicht vernünftig. Sich gegen den UNO-Migrationspakt zu wenden, ist daher nicht "die Orbanisierung Österreichs", wie der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon erwartungsgemäß schäumte, sondern politisch nachvollziehbar. Nicht zuletzt dann, wenn man einen weiteren politischen Ruck nach ganz rechts in Europa für nicht wünschenswert hält.