Die ÖVP berichtet von gefälschten E-Mails, die sie mit dem Ibiza-Skandal in Verbindung bringen sollen. Wesentliche Fragen bleiben offen.
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Wien. Es war eine eilig einberufene Pressekonferenz, die mehr Fragen offen ließ, als sie beantwortete. Demnach soll Sebastian Kurz mit Gernot Blümel im Februar 2018 per E-Mail über die Ibiza-Affäre korrespondiert haben. Mit diesen Mails wurde die ÖVP vergangene Woche Freitag von einem Medium konfrontiert. Die Partei überprüfte Inhalt und Herkunft zunächst intern. Dann untersuchten forensische Experten der Wirtschaftsprüfer von Deloitte den Fall. Die Mails sollen eine Fälschung sein. Die ÖVP kündigte eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft an.
Ab dann wird es kompliziert. Die ÖVP gibt an, neben den Screenshots nur einen Teil der technischen E-Mail-Daten bekommen zu haben. Laut eigenen Angaben kamen die E-Mails von der Plattform "EU Infothek", die bereits die Verwicklungen eines Wiener Anwalts in die Causa aufgedeckt hatten. Die Daten der E-Mails sind wichtig, um eine Überprüfung durchführen zu können. Über welche Daten die ÖVP genau verfügt, ließ die Partei aber unbeantwortet. Ebenso gaben Kurz und ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer keine Auskunft darüber, was in den E-Mails steht.
In dem von der ÖVP ausgehändigten Prüfbericht, in dem sechs von insgesamt zwölf Seiten fehlen (die ÖVP begründete das damit, dass es sich dabei um Auftragsbedingungen handelte), führt Deloitte einige Beweise an, die auf eine Fälschung hindeuten könnten. Laut den Screenshots sollen die angeblichen E-Mails am "Mon, 27 Feb 2018" von den ÖVP-Wien-Adressen von Kurz und Gernot Blümel verschickt worden sein. Tatsächlich handelte es sich damals aber um einen Dienstag.
Außerdem sei die IP-Adresse des Absenders (92.51.182.1) nicht auf die Wiener ÖVP registriert, sondern auf hosteurope.de. Allerdings ist neben anderen ÖVP-Webseiten auch die offizielle Seite "sebastian-kurz.at" dort angemeldet. Auch die IP-Adresse der Webseite der "Neuen Volkspartei Wien" ähnelt jener der Absenderadresse (92.51.182.37). Diese Webseite sei allerdings erst seit Mai 2019 bei "hosteurope" registriert, teilte ein Sprecher mit.
Weitere Rückschlüsse lasse laut ÖVP-IT-Abteilungsleiter Roman Kalinka das Verschlüsselungsprotokoll zu. Dieses sei erst ab 2019 im Einsatz, die Mails sollen aber Anfang 2018 verschickt worden seien. Bei weiterern Nachfragen verwies Deloitte auf die ÖVP. "Wir haben eine Verschwiegenheitspflicht und die müssen wir einhalten", sagte ein Sprecher des Unternehmens.
"Aus unserer Sicht ist es unseriös, aus der Ferne zu sagen, ob die Informationen der ÖVP stimmen oder nicht", heißt es von der Netzsicherheits-NGO Epicenter Works. "Da befinden wir uns im Dilemma der ganzen Causa." Es sei möglich, auf einem Mailserver einzusehen, ob eine E-Mail verschickt oder empfangen worden sei. Dazu benötige man aber Zugang zu den Servern, "die wir nicht haben", so die NGO. Der Zugang sei auch nur dann möglich, wenn man die Serverlogs - also die Aufzeichnungen zum Verkehr - habe. "Ohne zu wissen, welche Informationen der ÖVP konkret vorliegen, ist es schwierig, das einzuschätzen." Sollten der ÖVP die Metadaten vorliegen, könne sie die Sache durchleuchtet haben. "Auf diese Information muss man dann eben vertrauen, weil man sie nicht nachprüfen kann", so die Netzspezialisten.
Katholische Kritik
Im Rahmen der Pressekonferenz hatte Kurz auch zu seinem Auftritt am Sonntag in der Wiener Stadthalle an einer evangelikalen Veranstaltung Stellung genommen. Ein Video, das Kathpress verbreitet hatte, zeigte den Altkanzler auf der Bühne, wie er von einem Prediger berührt wird und dieser ein Gebet für ihn spricht und tausende Gläubige auffordert, die Arme nach vorne zu strecken. "Gott, wir danken dir so sehr für diesen Mann. Für die Weisheit, die du ihm gegeben hast. Für das Herz, dass du ihm gegeben hast für dein Volk", sagte der Prediger Ben Fitzgerald. Kurz blieb regungslos stehen. "Wer das Video sieht, sieht mir vielleicht an, dass ich etwas überrascht und starr reagiert habe für meine Verhältnisse", sagte Kurz, der seinen auch von einigen katholischen Beobachtern kritisierten Auftritt aber grundsätzlich verteidigte.
Bei dem "Awakening"-Event, das an US-amerikanische Massen-Predigten erinnert, handelt es sich um die Veranstaltung einer Freikirche. Auch Kardinal Schönborn war eingeladen und hatte Grußworte an die Teilnehmer gerichtet, da sich diese Bewegung der christlichen Ökumene verschrieben hat - ein Kernanliegen Schönborns.