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Ein Finanz-Hai schnappt nach Böhler

Von Karl Leban

Wirtschaft

Briten-Fonds CVC sondiert Angebot für eine Übernahme. | Böhler bringt an der Börse 3,5 Mrd. Euro auf die Waage. | Wien. Nun ist die Katze aus dem Sack: Der börsenotierte Edelstahlkonzern Böhler-Ud deholm ist für eine Übernahme ins Visier des britischen Investmentfonds CVC Capital Partners geraten.


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Am Montag hat CVC erste Gespräche mit dem Böhler-Vorstand und dem größten Einzelaktionär, der österreichischen Investoren-Gruppe um den Anwalt Rudolf Fries, die mit 20,95 Prozent beteiligt ist, offiziell bestätigt. In einer Aussendung gab CVC bekannt, ein Übernahmeangebot zu prüfen. Ein solches würden die Briten aber nur mit Zustimmung des Böhler-Managements legen, wie sie betonten. Ein feindlicher Takeover schwebt ihnen demnach nicht vor.

An der Börse bringt Böhler aktuell einen Marktwert von insgesamt 3,5 Mrd. Euro auf die Waage. Das Aktienpaket der Fries-Gruppe ist rund 740 Mio. Euro schwer.

Nach eigenem Bekunden hat CVC bisher weder direkt noch indirekt Böhler-Aktien gekauft. Den zuletzt an der Börse bezahlten Höchstkurs (am Freitag war der Kurs in den letzten Handelsminuten wie eine Rakete um 30 Prozent nach oben geschossen) hält der Fonds "für vollständig überzogen".

Falls die Briten ein Offert auf den Tisch legen, "würde sich der Angebotspreis nicht an kurzfristigen Kursbewegungen orientieren, sondern an den Unternehmensergebnissen und den Börsekursen der letzten Monate", wie es hieß. Montagnachmittag lag der Stahltitel rund 15 Prozent im Minus.

Finanzaufsicht ermittelt

Was nun am Freitag vorgefallen ist, und ob hier Insiderwissen missbräuchlich genutzt wurde, ist Gegenstand von Untersuchungen der Finanzmarktaufsicht.

Hinter den Kulissen hieß es, CVC wolle zunächst die Anteile der Fries-Konsorten übernehmen. Dieser Schritt soll mit Fries bereits abgestimmt sein. Fries sagte dazu nur: "Ich kann jetzt keine Aussage machen." Ob CVC auch den wesentlich größeren Streubesitz ins Fadenkreuz nimmt, bleibt abzuwarten. Laut Böhler-Chef Claus Raidl ist jedenfalls die Übernahmekommission bereits eingeschaltet.

Böhler, einst Teil der Verstaatlichten und seit Herbst 2003 voll privatisiert, gilt als eine der heimischen Industrie-Perlen. Der Konzern verdient seit Jahren prächtig und zahlt seinen Aktionären hohe Dividenden. Im Vorjahr konnte zum dritten Mal in Folge ein Rekordergebnis eingefahren werden: So legte der Betriebsgewinn um 20 Prozent auf 376 Mio. Euro zu, der Umsatz (ebenfalls um ein Fünftel höher) überstieg mit 3,1 Mrd. Euro erstmals die Marke von drei Milliarden.

Beschäftigt werden weltweit 14.300 Mitarbeiter, davon 4000 in Österreich. An die Börse gegangen ist das Unternehmen 1995, im Jahr des Beitritts Österreichs zur EU. Bei Werkzeugstahl ist Böhler weltweit die Nummer eins. Neben namhaften Auto-Herstellern werden u.a. auch große Flugzeugbauer (Airbus und Boeing), Ener gietechnik-Konzerne wie General Electric sowie Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie (so etwa Gilette) über ein global weitreichendes Verkaufsnetz mit Edelstahlprodukten beliefert.

Sitz bliebe in Österreich

Im Fall einer Übernahme bliebe das Headquarter in Österreich, wie CVC versicherte. Wie bisher würde Böhler als ein börsenotierter, selbstständiger österreichischer Konzern mit globaler Präsenz agieren. Generaldirektor Raidl betonte im ORF-Fernsehen: "Das Unternehmen muss als Ganzes erhalten bleiben."

Die Firmen-Zentrale müsse auf alle Fälle im Land bleiben, so Raidl. Es werde nur geschehen, "was gut für Böhler-Uddeholm ist". Als "gut" definierte Raidl etwa den Erhalt der bestehenden Investitions- und Akquisitionspolitik. Hier sei noch zu prüfen, was der neue Investor vorhabe. In der Finanzbranche wird damit gerechnet, dass sich die Übernah me noch bis zu zwei Monate hinziehen könnte.

**Stichwort: CVC""

Wien. (hdt) Die britische Investmentfirma CVC (Citigroup Venture Capital Equity Partners) gehört zu den größten Beteiligungsgesellschaften der Welt und verwaltet ein Fondsvermögen von mehr als 20 Milliarden Euro. Die Firma war 1981 als Europa-Beteiligungssparte des US-Finanzkonzerns Citigroup gegründet worden, zwölf Jahre später hatte sich das Management selbständig gemacht.

Seit der Gründung hat CVC nach eigenen Angaben mehr als 60 Milliarden Euro in mehr als 220 Unternehmen investiert - in den letzten Jahren kam man unter anderem mit dem Erwerb der Autorennsportserie "Formel 1", der Übernahme der "Mister Minit"-Kette oder der 22-Prozent-Beteiligung an der dänischen Post in die Schlagzeilen.

In Österreich waren die Briten vor Jahren an der AHT (Austria Haustechnik) beteiligt, verkauften ihre Anteile dann aber wieder - an einen anderen Fonds.

2001 scheiterte die bereits ausverhandelte Übernahme des Faserherstellers Lenzing an den Wettbewerbshütern der EU, weil CVC auch am größten Lenzing-Konkurrenten beteiligt war. Seit damals schon wird CVC auch Interesse an Böhler-Uddeholm nachgesagt, sechs Jahre nach den ersten Gesprächen - damals noch mit der staatlichen ÖIAG - scheint man jetzt mit Hauptaktionär Rudolf Fries einig geworden zu sein.