Die Debatte über eine Vertiefung der Währungsgemeinschaft hat neuen Schwung erhalten.
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Luxemburg. Die Idee hatte schon ein paar Namen. Einmal hieß sie Fiskalkapazität, ein anderes Mal war von einem Instrument die Rede, das wirtschaftliche Schocks auffangen soll. Eine Bezeichnung aber hörten vor allem die Deutschen ungern - ein Budget für die Eurozone. Die Pläne dazu sind so alt wie vage: Immer wieder taucht die Überlegung auf, die Währungsgemeinschaft zu vertiefen, indem ein eigener Haushalt dafür eingerichtet wird, den vielleicht auch noch dazu ein eigener Euro-Finanzminister verwaltet.
Länder wie Griechenland und Spanien, die wegen ihrer finanziellen Probleme bereits Hilfsprogramme der EU in Anspruch genommen haben, können dem Vorhaben durchaus einiges abgewinnen. Wäre doch aus ihrer Sicht ein mögliches zusätzliches Auffangnetz für die Euro-Wirtschaften im Krisenfall wünschenswert. Berlin wiederum befürchtet, dass die Folge Geldtransfers von den ökonomisch stärkeren zu den schwächeren Mitgliedstaaten wären. Das, was eine "Vergemeinschaftung der Schulden" genannt wird, lehnt es ab.
Dennoch möchte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sein deutsches Gegenüber Angela Merkel für den Vorschlag gewinnen. Mit seiner Grundsatzrede Anfang der Woche hat er der alten Debatte neuen Schwung verliehen. Eurozonen-Budget, Integration der Währungsunion, eigene Finanzierungsquellen für die EU wie die Börsensteuer - für Reformen hat Macron gleich mehrere Ideen parat. Umsetzen ließen sich diese einfacher, wenn Deutschland ebenfalls dafür wäre.
Die Versuche, die Achse Paris-Berlin wieder zu stärken, lösen allerdings nicht nur in Osteuropa Beunruhigung aus, wo einige Länder als Nicht-Euromitglieder einen Verlust an Einfluss befürchten. Auch im Norden gibt es Skepsis. So wischt Luxemburgs Premierminister, dessen Land mit für Konzerne günstigen Steuermodellen etliche Unternehmen angezogen hat, die Forderung nach der Einführung einer Abgabe auf Finanztransaktionen - für die auch Österreich plädiert - vom Tisch. "Ich verstehe nicht, warum jemand in Europa eine neue Steuer schaffen möchte, die es in anderen Weltgegenden nicht gibt", sagte Xavier Bettel im Gespräch mit einer Runde europäischer Journalisten. Er verwies auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU, die sich durch einseitige Maßnahmen nur schwächen würde.
Von einer weiteren Idee, der Stärkung des Postens des EU-Haushaltskommissars, der nicht nur die Budgets der Mitglieder überwachen, sondern auch die Eurogruppe leiten könnte, hält Bettel ebenfalls wenig. Die Institutionen der Union, findet er, funktionieren besser, als so manche Kritiker behaupten.
In Luxemburg haben einige EU-Behörden ihren Sitz: der Europäische Gerichtshof, das Statistikamt Eurostat, der EU-Rechnungshof. Ebenso sind dort Institutionen zu finden, die unter anderem in der Schuldenkrise Griechenlands eine wesentliche Rolle gespielt haben oder zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft beitragen sollen. Die Europäische Investitionsbank (EIB) macht sich zur Aufgabe - nicht zuletzt über einen Investitionsfonds, dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Priorität eingeräumt hatte -, ein günstigeres Umfeld für Investitionen zu schaffen. Und auf den Euro-Rettungsschirm ESM könnten neue Herausforderungen warten: Über die Umwandlung in einen Europäischen Währungsfonds wird spekuliert.
Auf die beiden Organe verweist denn auch EIB-Präsident Werner Hoyer. Ihn begeistern die Vorhaben Macrons. "Mit EIB und ESM als Säulen ist schon eine gute Basis für eine Vertiefung der Eurozone geschaffen", meint Hoyer.
Einwände äußert hingegen ESM-Direktor Klaus Regling. Er sieht weder die Notwendigkeit für ein Eurozonen-Budget noch für weitere Geldtransfers zwischen den Mitgliedstaaten. Vorstellbar ist für ihn hingegen die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds. "In der nächsten Krise wird der Internationale Währungsfonds wohl keine so große Rolle mehr spielen wie bei bisherigen Rettungsprogrammen", erklärt Regling. Die Europäer könnten dann mehr Aufgaben übernehmen. Die möglichen Kriterien dafür sind aber ebenfalls noch Gegenstand von Debatten.