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Ein Foto-Finish in Australien

Von Georg Friesenbichler

Politik
Umweltschützer in Masken von Julia Gillard und Tony Abbott protestieren gegen die laxe Haltung der beiden Kontrahenten zum Klimaschutz. Foto: ap

Parlamentswahlen am Samstag. | Umfragen sehen Labor knapp vorn. | Canberra/Wien. Australiens Cartoonisten haben viel Freude mit Tony Abbott. Dessen rote Badehose gibt reichlich Zeichenstoff, seit er sich mit ihr als Rettungsschwimmer am heimatlichen Strand ablichten ließ. Ob ihm sein Macho-Image am Samstag bei den Parlamentswahlen nützen wird, ist allerdings fraglich. Die letzte Reuters-Umfrage sah nämlich die amtierende Premierministerin Julia Gillard knapp vor ihrem konservativen Herausforderer. Beobachter halten in dem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden allerdings auch ein Unentschieden für möglich - also ein Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse.


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Vor einem Jahr sah es für Gillards Labor-Party noch viel günstiger aus. Da lagen die Zustimmungswerte für den damaligen Ministerpräsidenten Kevin Rudd, der 2007 den elf Jahre lang regierenden konservativen Regierungschef John Howard abgelöst hatte, bei 70 Prozent. Im Frühjahr stürzte Rudd aber in den Umfragen ab. Zunächst scheiterte er drei Mal im Parlament mit seinen ehrgeizigen Klimaschutzzielen an der Opposition und verschob die Pläne daraufhin auf 2013. Dann lieferte er sich mit der Bergbauindustrie, die dank umfangreicher Kohleexporte nach China boomt, eine heftige Kontroverse über eine hohe Besteuerung ihrer Einnahmen. Die mächtige Rohstofflobby warnte vor Massenarbeitslosigkeit. Die Konsequenz der Kampagne: Rudd wurde am 24. Juni von seiner bisherigen Stellvertreterin Gillard abgelöst. Und diese versprach sogleich, die Höhe der geplanten Steuer herabzusetzen.

Wenig Unterschiede

Manche Parteikollegen sahen in der Ablöse einen Verrat Gillards an Rudd. Der wiederum ließ seine interne Rivalin im Wahlkampf schlecht aussehen: Er soll unvorteilhafte Details aus internen Besprechungen durchsickern haben lassen. Rudd wies den Vorwurf zurück.

Aber auch Gillard selbst machte Fehler: Nicht nur distanzierte sie sich beim Klimaschutz und bei der Bergbausteuer von Rudd, sie versuchte sich auch in der Asylpolitik, traditionell konservativen Standpunkten anzunähern: Sie schlug vor, an Australiens Küsten ankommende Flüchtlinge in ein Erstaufnahmezentrum auf Ost-Timor zu verbringen - was der überraschte Inselstaat sofort ablehnte.

Die Flüchtlingsfrage ist eines der wenigen emotionalisierenden Themen in dem ansonsten wenig aufregenden Wahlkampf. Dabei kommen jährlich nur rund 5000 Bootsflüchtlinge aus dem Irak und Afghanistan. Aber auch sonst wehren sich die Kandidaten gegen zu viele Fremde: Einem "Big Australia", das bis 2050 auf 40 Millionen Einwohner anwachsen soll, haben beide eine Absage erteilt, obwohl die in Wales geborene Gillard selbst aus einer Immigrantenfamilie kommt. Wirtschaftsexperten halten hingegen weiteren Zuwachs in dem Einwanderungsland für absolut notwendig, um den hohen Lebensstandard halten zu können.

Der wurde auch unter Rudd nicht geschmälert - durch ein großzügiges Konjunkturpaket gelang es Australien als einer von wenigen großen Industrienationen, nicht in eine Rezession zu schlittern. Abbott wirft Labor nun vor, mit den Unterstützungen Milliarden "verschleudert" zu haben. Auch die von der Regierung geplanten Steuern lehnt er rundweg ab. Und vom Handel mit Kohlendioxid-Emissionsrechten hält er gleichfalls wenig. Schon bevor er vor neun Monaten in einer Kampfabstimmung den Vorsitz der Liberal-Konservativen errang, ließ er einen parteiübergreifenden Kompromiss zu Treibhausgasen scheitern. Das Gerede vom Klimawandel bezeichnet er ohnehin als "absoluten Mist".

Angesichts der nur in Nuancen differierenden Positionen der Parteien versuchte Gillard im letzten Moment, mit einem seit Jahren umstrittenen Thema zu punkten: Sie forderte ein Ende der Monarchie nach der Regentschaft von Elizabeth II. Abbott ist Gegner einer Republik Australien. 1999 sprachen sich die Australier in einer Volksbefragung für die Monarchie aus. Ein wohl nicht wahlentscheidendes Thema also - vielleicht ist es doch die Badehose.