Zum Hauptinhalt springen

Ein Frauenvolksbegehren gegen Frauen

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Warum das aktuelle Frauenvolksbegehren eher kein durchschlagender Erfolg werden wird - und das auch gut so ist.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Kein Mensch von halbwegs klarem Verstand will im 21. Jahrhundert Frauen gleiche Lebenschancen wie Männern verwehren; egal ob beruflich, politisch oder privat. Gerade deswegen ist jedoch das diese Woche lancierte Frauenvolksbegehren ein entschlossener Schritt in die völlig falsche Richtung. Es wird nämlich nichts, und zwar absolut nichts zu einer Chancengleichheit zwischen Mann und Frau dort beitragen, wo es sie noch nicht geben sollte. Stattdessen diskreditiert es die berechtigten Anliegen von Frauen, indem es Forderungen formuliert, die obskurantistisch zu nennen noch höflich untertrieben ist. Was das Frauenvolksbegehren will, nützt Frauen nicht, sondern ist geeignet, deren berechtigte Anliegen der Lächerlichkeit preiszugeben. Das gilt vor allem für eine der zentralen Forderungen, nämlich die Einführung der allgemeinen 30-Stunden-Woche bei gleichem Lohn wie jetzt, und zwar für Frauen und Männer.

Leider haben uns die Initiatorinnen und Initiatoren des Volksbegehrens nicht erläutert, warum es der Gleichberechtigung der Geschlechter dient, wenn man die Wirtschaft eines Landes mittels solcher Maßnahmen so gründlich ruiniert, dass in der Folge weder Damen noch Herren Arbeit in nennenswertem Ausmaß haben werden. Wer allen Ernstes so etwas verlangt, befeuert letztlich bloß das ebenso weitverbreitete wie dumme Vorurteil, demzufolge ökonomisches Denken eine eher bei Männern denn bei Frauen nachweisbare Fähigkeit wäre. Was ja nicht wirklich im Sinne eines solchen Volksbegehrens sein sollte.

Umso befremdlicher ist, dass nicht nur ein paar Obskurantisten mit ihrer Unterschrift Derartiges befördern, sondern auch die Politikerinnen Doris Bures, Irmgard Griss und Maria Vassilakou, die Schauspielerin Adele Neuhauser oder Journalisten wie Eugen Freund oder Elfriede Hammerl. Sie alle schaden mit ihrer Unterschrift jenen Anliegen, die sie vermeintlich unterstützen, mehr als sie ihnen nützen.

Das gilt auch für die gesellschaftspolitischen Forderungen dieses Volksbegehrens. "Sexistische Werbung" verbieten zu wollen, passt zwar bestens in jenes verklemmt-neobiedermeierliche Klima, das gerade um sich greift wie die Grippe im Jänner, verbessert aber die Lebensbedingungen keiner einzigen Frau. Nicht übertrieben durchdacht erscheint auch die Forderung, die Krankenkassen mögen künftig (nicht medizinisch indizierte) Abtreibungen finanzieren. Man muss kein katholischer Ultrafundi sein, um falsch zu finden, diese Kosten der Allgemeinheit der Versicherten umzuhängen, als sei Schwangerschaft so eine Art schicksalhafter Krankheit. Warum Krankenkassen zwar nicht die Kosten eines Zahnimplantates, wohl aber die einer Abtreibung übernehmen sollen, wird eher schwer zu erläutern sein.

Man muss kein übermäßig begabter Prophet sein, um zu vermuten, dass ein Volksbegehren, das Forderungen erhebt, die die Intelligenz von Frauen wie von Männern verhöhnen, kein allzu rasender Erfolg sein wird. Ein sogenanntes Frauenvolksbegehren aber, das nur sehr überschaubare Zustimmung erfährt, ist letztlich nur Wasser auf die Mühlen jener wenigen, die auch im 21. Jahrhundert noch nicht begreifen wollen, wie selbstverständlich gleiche Chancen für Frauen und Männer sein sollten.