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Ein freundlicher, vielseitiger Löwe

Von Helmut Dité, Essaouria

Wirtschaft

Hemingways Märchen vom freundlichen, geflügelten Löwen, der die Welt bereiste und Wappentier wurde, fällt einem ein, wenn man vor dem neuen Peugeot 307 SW steht: Bis zu sieben Menschen nimmt er mit, unter einem großen Sonnendach, der Neue mit dem Löwen von Sochaux auf dem Kühler. Noch nie war Vielseitigkeit so groß geschrieben bei einem - ja, was genau? Minivan? Kombi? - egal eigentlich, wenn er, so wie dieser, den universellen Gebrauchswert des berühmten eierlegenden Wollmilchschweins hat und dabei noch so viel Spaß beim Fahren macht, wie Peugeots neueste Version des 307, der SW.


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Gute Nachrichten gibt es aus dem Hause PSA Peugeot-Citroen in den letzten Jahren eine nach der anderen: Europas zweitgrößter Autobauer hat seinen Marktanteil in den letzten vier Jahren um fast 60% gesteigert.

Nach einem kräftigen Sprung bei Umsatz und Gewinn im Rekordjahr 2001 hat der Konzern auch heuer einen kräftigen Start erwischt. Im Heimatmarkt Frankreich verkaufte PSA im Jänner und Februar 12% mehr Autos als ein Jahr zuvor. Mit einem Marktanteil von fast 34 Prozent hat der Konzern damit erstmals den Konkurrenten Renault klar abgehängt. Damit erntet die "Löwen-Firma" nach Ansicht von Experten die Früchte der Modell-Entwicklung- der 206 stieg zum meistverkauften PKW Europas auf, der 307 wurde zum "Auto des Jahres" gewählt und legte einen Blitzstart hin, der zusätzliche Wochenendschichten im Hauptwerk in Sochaux nötig machte.

Weltweit erwartet PSA-Chef Jean-Martin Folz einen Anstieg der Verkäufe um etwa vier Prozent, was 3,25 Mill. Autos - nach 3,13 Mill. in 2001 - entspricht. In Westeuropa erwartet Folz "angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten" allerdings bestenfalls ein stabiles Ergebnis.

Im Kampf um die Kunden in Europa geht es immer mehr in Richtung "Vielseitigkeit" der angebotenen Autos. In der unteren Mittelklasse, immer noch dem größten Segment, geht der Trend eindeutig weg von den klassischen Limousinen, hin zu einer Art Minivan - wandelbar wie nie, höher, breiter, runder.

Der 307 SW - "nein das heißt nicht Station Wagon, das ist nur so eine Buchstabenkombination" - mit bis zu sieben Sitzen, davon fünf beliebig versetz- oder herausnehmbar - stellt den neuesten Stand der Dinge in dieser Entwicklungslinie dar: Variabilität wie kaum jemals zuvor: Papa und eine halbe Fußballmannschaft; Eltern, zwei Kinder hintereinander in Reihe zwei und drei und daneben vier Paar Ski und noch Surfboards, oder statt des Mittelsitzes in Reihe zwei eine Kühlbox für die dann nur mehr sechs Reisenden, oder, oder, macht, was ihr wolltt. Das ganze sehr hell unter einem 1,33 Quadratmeter großen Sonnendach - vielleicht heißt SW ja Solar Wagon? - das sich allerdings, kleiner Wermutstropfen, nicht öffnen lässt. Dafür gibts die Klimaanlage serienmäßig.

Dem SW - angeboten mit zwei Benzinmotoren - 1,6-Liter mit 110 PS und 2,0-Liter mit 138 PS - und zwei HDI-Dieselaggregaten - 2,0-Liter 90 oder 110 PS - folgt mit gleicher Motorenauswahl in einigen Wochen der normale "Break", ein fünfsitziger Kombi ohne das Panoramadach. Mit Preisen ab 19.600 Euro - der Break schon ab 16.100 Euro - sollen SW und Break heuer bereits gut die Hälfte aller in Österreich verkauften 307er stellen. Peugeot-Austria Generaldirektor Jean-Yves Dossal erwartet in einem vollen Verkaufsjahr gut 10.000 Stück vom 307er absetzen zu können. Insgesamt will Peugeot in Österreich heuer in einem stagnierenden Markt weiter wachsen: Mehr als 20.000 Fahrzeuge sind das Verkaufsziel.

Bei ersten Testkilometern in Marokko hatten jüngst Journalisten aus ganz Europa sehr positive Eindrücke von Komfort, Fahrdynamik und Platzangebot des gegenüber dem "normalen" 307 um 22 Zentimeter in die Länge gewachsenen SW. Und was das Fahrwerk betrifft: Vergessen Sie den berühmten Elchtest. Wir haben den viel diffizileren "Ziegenbaumtest" eingeführt. Der geht so: Im Hinterland von Essaouira, in einer schönen, flotten Kurve glaubt Fahrer Nummer 1 plötzlich im Augenwinkel neben der Straße einen Baum, auf dem fünf schwarze Ziegen auf den höchsten Ästen balancieren, gesehen zu haben - und macht, verblüfft, zwei schwere Fehler gleichzeitig: Vollbremsung mit zwei Rädern auf dem Kiesbankett und Lenkrad verreißen, weil die Kurve auch noch unerwartet "zumacht". Fahrer Nummer 2 muss zaubern, um vorbeizukommen - noch einmal Pardon, Herr Kollege - und gemeinsam stellen sie danach fest: Jawohl, das ist ein wunderbares Fahrwerk mit aller Elektronik, die man heute erwarten darf - nicht umsonst kommt auch der Rallye-Weltmeister der beiden letzten Jahre aus dem Hause Peugeot. Die Ziegen auf dem Baum waren durchaus beeindruckt, unterbrachen aber ihre Mahlzeit nur kurz; sie riskieren im Frühling schließlich täglich Kopf und Kragen beim Klettern, um an die Blätter der Arganie - aus den Nüssen wird ein begehrtes Speiseöl gepresst - heranzukommen - ohne ABS, ESP und sechs Airbags.