Verschwendung von Energie kostet 100 Mrd. jährlich. | Oberste Priorität für Effizienz. | Brüssel. Die EU-Kommission will am Donnerstag ein umfassendes Strategiepapier zur effizienteren Energienutzung vorstellen. Denn das Potential sei enorm: "Europa verschwendet weiterhin mindestens 20 Prozent seiner Energie", heißt es in dem der "Wiener Zeitung" vorliegenden Mitteilungsentwurf. Die direkten Kosten "unserer Unfähigkeit, Energie effizient zu nutzen" werden mit "100 Milliarden Euro jährlich bis 2020" angegeben. Zum Vergleich: Gut 60 Milliarden Euro erwartet der österreichische Staat an Gesamteinnahmen im Jahr 2006.
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Hier eine Trendwende herbeizuführen sei der "derzeit bei weitem effektivste Weg, die Versorgungssicherheit zu verbessern, die Kohlenstoffemissionen zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern." Bei der angestrebten Energieeinsparung im Gegenwert von etwa 390 Millionen Tonnen Öl pro Jahr könnten die Kohlendioxidemissionen um 780 Millionen Tonnen gesenkt werden - mehr als die doppelte laut Kyoto-Protokoll von der EU bis 2012 verlangte Menge.
Umstrittener Handel mit Energiesparzertifikaten
Experten aus Handel und Industrie stimmen dieser Diagnose grundsätzlich zu. Denn sowohl die Liberalisierung der Märkte als auch die Änderung der langfristigen Öl- und Gaslieferverträge würde weit mehr Zeit in Anspruch nehmen. Gerade der in der bereits gültigen Energieeffizienz-Richtlinie in Aussicht gestellte Handel mit Energiesparzertifikaten stößt jedoch auf Skepsis. Es bestehe die "Gefahr des Bürokratie-Wahnsinns", hieß es. 2008 soll die Möglichkeit eines solchen Systems geprüft werden. Basis dafür sollen die Fortschritte der Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer nationalen Aktionspläne sein, die Ende Juni 2007 vorliegen müssten. Das könnte für Österreich knapp werden, wenn sich die Regierungsverhandlungen ziehen.
Und auch bei der von der Kommission als Schwerpunkt identifizierten Energieeffizienz von Gebäuden ist Österreich im Verzug. Zwar ist das entsprechende EU-Gesetz auf Bundesebene umgesetzt. Da die Bauordnungen jedoch Kompetenz der Länder sind, gibt es noch keine ausreichenden "Energieausweise" für Mindestanforderungen zur Energiebilanz von Häusern.
Reduzierung der Standby-Verluste
Neben der Forcierung von energiesparenden Gebäuden wie "Passiv-Häusern" will sich die Kommission ab 2007 ein System für die Zertifizierung und Mindestanforderungen für strombetriebene Geräte entwickeln. Ein Hauptaugenmerk soll der Reduzierung Standby-Verlustes gelten. Bis Ende 2008 soll das Schema für 14 Produktgruppen - von Durchlauferhitzer, Computer, Fernsehern und Kopierer bis zur Waschmaschine - fertig sein. Bis 2010 soll ein entsprechendes EU-Gesetz stehen.
Auch der Autoindustrie stellt Brüssel die Rute ins Fenster. Sollte sie 2007 nicht auf gutem Weg sein, ihre freiwillige Selbstverpflichtung zur Reduzierung ihre Kohlendioxidemissionen einzuhalten - 120 Gramm/Kilometer bis 2012 ist die Vorgabe -, will die Brüsseler Behörde ein verbindliches EU-Gesetz für sparsamere Fahrzeuge vorzuschlagen.
Klein- und Mittelbetriebe sollen leichter als bisher an Förderungen für Investitionen in die Energieeffizienz gelangen, Teile der Strukturgelder aus Brüssel könnten zweckgewidmet werden. Langfristig strebt die Kommission auch eine EU-weit gleichgeschaltete Energiebesteuerung mit Anreizen für Energiesparmaßnahmen an.
Dem Aktionsplan der Kommission liegen Studien zu Grunde, die das größte Einsparungspotential bei privaten Haushalten und Gebäuden mit etwa 27 und 30 Prozent sehen. Die Transportbranche und die produzierende Industrie folgen gleich dahinter mit 26 und 25 Prozent.