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Anlegervertreter Rasinger wittert Chance für Börsengang der Estag: Électricité de France steigt aus.
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Wien. Seit der globalen Finanzkrise haben Börsengänge hierzulande Seltenheitswert. Jene Konzerne, die sich in den vergangenen sieben Jahren auf das Wiener Parkett gewagt haben, sind rasch aufgezählt: der Alu-Produzent Amag, die Staatsdruckerei, die Immobilienfirma Buwog, der Flugzeugzulieferer FACC sowie die Cross Industries, die als Holding auch den Motorradhersteller KTM unter ihrem Dach hat.
"Frisches Blut" fließt für Wiens Börse also nur spärlich und in unregelmäßigen Abständen. Mit der Energie Steiermark (Estag) gäbe es jetzt zwar wieder einen potenziellen Kandidaten, der für einen Börsengang (IPO) grundsätzlich in Frage käme. Hier müsste jedoch das Land mitspielen, das mit 75 Prozent die Mehrheit an dem steirischen Energieversorger hält.
Land hat Vorkaufsrecht
Wilhelm Rasinger, Chef des Interessenverbandes für Anleger (IVA), plädiert jedenfalls für einen Börsengang der Estag. Der wäre "ein Gebot der Stunde", wie er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" betont. Grund für sein Ansinnen ist der Ausstieg der Électricité de France (EdF) aus der Estag.
Der französische Energie-Riese will seinen 1998 erworbenen Viertel-Anteil an einen Fonds der australischen Macquarie Bank verkaufen. Der Deal ist für das zweite Halbjahr vertraglich bereits paktiert, aber das Land könnte noch sein Vorkaufsrecht nutzen (eine Entscheidung müsste es bis spätestens Herbst geben). Im Fall eines Rückkaufs könnte das Land den 25-Prozent-Anteil in weiterer Folge dem breiten Publikum verkaufen und so an die Börse bringen, sagt Rasinger. "Für die Wiener Börse sollte es machbar sein, ein 300-Millionen-Euro-Paket bei Anlegern zu platzieren."
In einem Börsengang sieht Rasinger "mehr Sinn" als in der Beteiligung eines australischen Finanzinvestors. Die Estag sei "sehr gut aufgestellt" und könnte ein attraktiver Titel an der Börse sein. Die Dividendenrendite schätzt der IVA-Chef auf zwei bis zweieinhalb Prozent.
Der Ball liegt nun bei der steirischen Landesregierung. Dort heißt es jedoch: "Aufgrund der budgetären Situation des Landes würde sich ein Rückkauf als finanziell äußerst fordernd darstellen." Bei den Grünen und der KPÖ im steirischen Landtag wird freilich argumentiert, dass der Zeitpunkt, die Anteile zurückzukaufen, "nie so günstig war wie heute". Die Landesregierung vergebe eine "Jahrhundertchance", falls sie nicht zuschlage. Zumal der Preis deutlich unter jenen 400 Millionen Euro liegen dürfte, die die EdF bei ihrem Einstieg bezahlt hatte.
Einen späteren Börsengang der Estag stellen Grüne und KPÖ allerdings nicht zur Debatte. Rasinger betont indes, dass ein IPO sicher nicht zum Schaden des Landes wäre - weil es dabei etwas verdienen könnte.