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Ein Gefecht als böser Vorbote

Von Klaus Huhold

Politik
Rebelleneinheiten marschieren - sie stehen hinter Wahlsieger Ouattara. Foto: ap

Als Präsident abgewählter Gbagbo klammert sich an der Macht fest. | Sarkozy macht massiven Druck auf machtversessenen Nationalisten. | Abidjan/Wien. Die Auseinandersetzung könnte der Vorbote eines erneuten Bürgerkriegs sein. In der Elfenbeinküste lieferten sich Militär und Rebellen ein vierstündiges Gefecht. Auslöser war der Machtkampf um die Präsidentschaft: Die Streitkräfte unterstützen den bisherigen Amtsinhaber Laurent Gbagbo, der sich trotz Wahlniederlage weigert zurückzutreten. Die Rebellen wiederum stehen hinter Alassane Ouattara, dem von der internationalen Gemeinschaft anerkannten Sieger der Präsidentenwahl.


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Die Kämpfe ereigneten sich in der Stadt Tiebissou. Diese liegt nahe der Grenze zwischen dem Norden und Süden des Landes. Die Elfenbeinküste ist nach einem Bürgerkrieg vor etwa acht Jahren faktisch zweigeteilt: Den vornehmlich christlichen Süden kontrollieren Regierungstruppen, den vor allem moslemischen Norden Rebellen. Laut Beobachtern sind beide Seiten für weitere Gefechte kampfbereit.

Die Präsidentenwahl hätte das westafrikanische Land einen sollen, doch hat sie die Spaltung vertieft. Der im Norden populäre Alassane Ouattara hatte laut Wahlkommission 54 Prozent der Stimmen erhalten, das Ergebnis wurde von der UNO bestätigt. Das mit Gbagbo-Getreuen besetzte Verfassungsgericht erklärte jedoch einen Teil der Stimmen für ungültig und den im Süden beliebten Gbagbo zum Sieger.

Explosive Lage

Seitdem ist die Lage in dem fragilen Staat, der nun zwei Präsidenten hat, explosiv. Gbagbo und seine Stab halten die Regierungsgebäude besetzt, Ouattara und seine Vertrauten befinden sich in einem von UN-Truppen bewachten Hotel in der südlich gelegenen Stadt Abidjan. In der Hafenmetropole treffen die Frontlinien direkt aufeinander. Im Großraum Abidjan lebt ein Drittel der Bevölkerung des 20-Millionen-Einwohner-Staates, die Bewohner der Großstadt stammen aus allen möglichen Landesteilen. Zwar sind hier die Gbagbo-Anhänger in der Überzahl, doch es gibt auch viele Ouattara-Sympathisanten. Und dieser ruft seine Gefolgschaft immer wieder zu Protesten auf.

Gleichzeitig wird Abidjan vom Gbagbo-treuen Militär kontrolliert. Dieses ging bereits gemeinsam mit der Polizei gewaltsam gegen Ouattara-Anhänger vor, die das staatliche Rundfunkgebäude besetzen wollten. Dabei starben mindestens 20 Menschen. Am Freitag war die Situation zunächst ruhig, aber äußerst angespannt. Jederzeit kann die Lage in Abidjan wieder explodieren - zumal sich dort auch Ouattara-treue Rebellen aufhalten, die ebenfalls schon mit dem Militär aneinandergeraten sind. Und es braucht nicht viel, um die Ausschreitungen in Abidjan auf das ganze Land überspringen zu lassen. Wie weit dann die 10.000 im Land stationierten UN-Soldaten der Gewalt noch Einhalt gebieten können, ist fraglich.

Um eine weitere Eskalation der Situation zu vermeiden, erhöht die internationale Gemeinschaft stetig den Druck auf Gbagbo. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy forderte Gbagbo zum sofortigen Rücktritt auf. Er drohte dem 65-Jährigen internationale Sanktionen an, sollte dieser seinen Posten nicht bis zum Ende der Woche räumen. US-Regierungskreisen zufolge haben Frankreich, die USA und andere afrikanische Staaten Gbagbo per Ultimatum zum Verlassen des Landes aufgefordert.

Militärische Option

Bisher hat Gbagbo diesem Druck aber widerstanden, teilweise spielt dieser ihm sogar in die Hände. Denn die internationalen Interventionen passen in die nationalistische Ideologie des ehemaligen Geschichtslehrers. "Der frühere Linksradikale hat sich beinahe zum Rechtsradikalen verwandelt", sagt Dirk Kohnert vom Hamburger Giga-Institut für Afrika-Studien. Gbagbo inszeniert sich gerne als der Mann, der die Elfenbeinküste vor feindlich gesinnten ausländischen Mächten schützt und mobilisiert so seine Anhänger.

Die Situation in der Elfenbeinküste ist mittlerweile so verfahren, dass manche Politiker nun nicht einmal mehr ein militärisches Eingreifen ausschließen. Gbagbo müsse aus dem Amt gedrängt werden, "auch wenn das militärische Mittel erfordert", sagte Kenias Premier Raila Odinga. "Die Afrikanische Union sollte ihre Zähne zeigen."