Luftwaffe schickt neues US-Raumschiff auf Jungfernflug. | Sternenkrieger oder nur Testlabor? | Washington/Wien. Fast fühlt man sich an den Kalten Krieg erinnert: Als vor drei Wochen der Termin für den ersten Testflug der X-37B bekannt wurde, herrschte im US-Verteidigungsministerium das Gebot des Schweigens. Viel mehr als die Bestätigung des Starttermins und ein Foto drang aus dem Pentagon nicht nach außen. Auf dem Bild war ein rund neun Meter langes und drei Meter hohes Raumschiff zu sehen, das an eine Miniaturversion des Space Shuttles erinnert. Dazu gab es noch ein paar Eckdaten wie Spannweite und Gewicht.
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Geheimnisvoll gab man sich aber auch, als die X-37B dann am frühen Freitagmorgen tatsächlich zu ihrem Jungfernflug aufbrach. Bis unmittelbar vor dem Start an Bord einer Atlasrakete blieb das auch als Orbital Test Vehicle (OTV) bezeichnete Raumschiff fast vollständig verhüllt. Auch wann die unbemannte X-37B, die bis zu 270 Tage im Orbit bleiben kann, wieder zur Erde zurückkehrt, wurde offen gelassen. "Ehrlich gesagt wissen wir nicht sicher, wann es zurückkommt", sagte der für Raumfahrt-Programme zuständige Vize-Luftwaffen-Staatssekretär Gary Payton.
Offiziell sollen im Rahmen des Jungfernflugs zunächst Navigations- und Flugleitsysteme, Materialien und Dichtungen geprüft werden. Dann soll die X-37B in 900 Kilometern Höhe ihre Ladebucht öffnen und ihre Sonnensegel entfalten. Nach Abschluss der Tests soll das Raumschiff dann vollautomatisch auf der Air-Force-Basis Vandenberg in Kalifornien landen.
Wolfram aus dem All
Für welche Aufgabe die im Vergleich zum Space Shuttle nur über eine geringe Nutzlast verfügende X-37B entwickelt wurde, bleibt aber auch nach dem erfolgreichen Start am Freitag vor allem Spekulation. Einige Rüstungsexperten sehen durchaus Anzeichen dafür, dass mit dem OTV ein erster Schritt in Richtung Militarisierung des Weltraums gesetzt wurde.
"Eine unbemannte Plattform, die monatelang im All bleiben kann, verschafft einem eine Menge Möglichkeiten, sowohl zivile wie auch militärische", erklärte der Politik-Analyst Chris Hellman gegenüber dem US-Magazin "Christian Sience Monitor".
Neben der Verwendung als reinem Forschungslabor wäre etwa ein Einsatz als Waffen- oder Spionageplattform denkbar. Ideen für ein System, das mit Hilfe aus dem All abgeworfener Wolframstäbe Bunker sprengen kann, gibt es in der US-Army schon seit längerem.
Für ein militärisches Aufgabenspektrum würde immerhin die Entwicklungsgeschichte der X-37B sprechen. Der Vorläufer des Raumgleiters war noch von der Nasa in Kooperation mit Boeing für den Transport von Kleinst-Satelliten entwickelt worden, die US-Luftwaffe kam nur für einen kleinen Teil der Kosten des 1999 begonnenen Projekts auf. 2004 gab die Nasa die X-37B an das Verteidigungsministerium ab, seit 2007 führt die Luftwaffe Regie. Angesiedelt ist das Projekt seitdem in einer Abteilung, die für die schnelle Entwicklung von Kampfunterstützungs- und Waffensystemen zuständig ist.