In Tirol sind nach den Gemeinderatswahlen alle Parteien zufrieden. Klar zugelegt hat aber einzig die FPÖ.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Innsbruck. Das Phänomen kehrt fast so zuverlässig wieder wie die Wahlsonntage selbst. Am Tag nach einer Wahlauseinandersetzung gibt es - laut Parteien - fast immer nur Gewinner. So war es auch am Montag in Tirol, am Tag nach der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl. Tatsächlich haben alle vier in mehreren Bezirken antretende Parteien gute Argumente auf ihrer Seite.
Andererseits kann sich aber nur eine Partei als wirkliche Siegerin fühlen: die FPÖ. Das ist angesichts der politischen Großwetterlage keine große Überraschung, ein Triumph sieht aber anders aus. Denn einen tatsächlichen politischen Umschwung auf kommunaler Ebene haben die Wahlen nicht gebracht. Die Freiheitlichen haben sich von insgesamt 49 auf 152 Mandate verdreifacht. Bei 277 Gemeinden, die gewählt haben, passierte das jedoch auf niedrigem Niveau.
Landeshauptmann Günther Platter kommentierte das FPÖ-Ergebnis am Montag gelassen: "Zugewinne von niedrigem Niveau aus sind nicht das Schwierigste." Seine ÖVP bleibt in Tirol auch auf kommunaler Ebene die dominierende Partie. Dass Landeshauptmann Günther Platter auch am Tag danach noch keinen Rechtsruck erkennen will, verwundert aber viele politische Beobachter.
Spezialfall Unterinntal
"Das ist eine sehr, sehr blauäugige Sichtweise", sagt Ferdinand Karlhofer, Leiter des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auf Ebene der Bürgermeister möge das vielleicht stimmen - die FPÖ hat wie bisher nur einen Bürgermeister fix, ein FPÖ-Kandidat ist in der Stichwahl Favorit, zwei sind Außenseiter. Auf Gemeinderatsebene gebe es aber regional große Unterschiede, so Karlhofer.
Im Tiroler Oberland westlich von Innsbruck sind die Freiheitlichen nach wie vor schwach. Im bevölkerungsreichen und wirtschaftlich starken Unterinntal von Innsbruck bis Kufstein haben die Gemeinderatswahlen aber sehr wohl einen Umbruch gebracht. Laut Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger sei dieses Gebiet traditionell eine FPÖ-Hochburg. Das werde sich schon bald auch realpolitisch niederschlagen, glaubt Karlhofer. Er sieht in der Flüchtlingsthematik den Hauptgrund für den FPÖ-Zuwachs im Unterinntal, zumal dort die Auswirkungen, etwa die Grenzkontrollen, tagtäglich sichtbar wären. "Es wird sich bei der Suche nach Unterkünften niederschlagen, und es wird schärfere Töne geben", prognostiziert Karlhofer.
In Kufstein, der größten Stadt, die gewählt hat, stürzte die ÖVP von knapp 30 auf unter 14 Prozent ab, die FPÖ legte von 13,4 auf knapp 20 Prozent zu. Das war auch für den ehemaligen Bundes-ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch eine schwere Schlappe, der als ÖVP-Bürgermeisterkandidat nicht einmal den Wert seiner Partei erreichte. Bürgermeister wurde der parteifreie Martin Krumschnabel.
In Schwaz, Hall, Wörgl und St. Johann in Tirol, allesamt Gemeinden östlich von Innsbruck, die zu den größten zehn des Landes zählen, kam die FPÖ auf über 20 Prozent. Allerdings ist die ÖVP bei den Bürgermeistern mit 217 Ortschefs immer noch klare Nummer Eins. Auch die bisher 234 ÖVP-Bürgermeister sind in der Stichwahl noch möglich, zumal neun Stichwahlen interne ÖVP-Duelle sind.
Das hängt mit der in Tirol beliebten Listenkoppelung auf ÖVP-Seite zusammen, bei der die einzelnen Bünde mit eigenen, auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittenen Listen antraten, um nach der Wahl eine Koppelungserklärung abzugeben. Diese Praxis habe sich im Lauf der Zeit aber verselbständigt, erklärt Karlhofer. "Mittlerweile treten zahlreiche Listen mit Phantasienamen wie ,Wir für . . .‘ oder ,Team für . . .‘ an. Ursprünglich war klar, dass diese Listen zur ÖVP gehören. Das hat eine Eigendynamik bekommen, wodurch diese Listen zum Teil auch gegeneinander agieren." So legten diesmal auch in größeren Gemeinden Namenslisten von Bürgermeisterkandidaten stark auf Kosten der ÖVP zu.
Zwiegespalten fällt auch das Fazit der SPÖ aus. "Wir haben die Zahl der Bürgermeister und die Mandate gehalten", sagt Tirols SPÖ-Chef Ingo Mayr, der sein eigenes Bürgermeisteramt in Roppen trotz Verluste halten konnte. In der Osttiroler Bezirkshauptstadt Lienz gab es durch die Landtagsabgeordnete und Zukunftshoffnung Elisabeth Blanik gar einen Wahlsieg auf allen Ebenen.
Punktuelle SPÖ-Hochburgen
"Das Problem der SPÖ ist aber, dass sie zwar nach wie vor punktuelle Hochburgen hat, in der Fläche aber stark verloren hat. Das führt in manchen Regionen zu einem ähnlichen Fall wie in Vorarlberg, wo die SPÖ, wenn überhaupt vertreten, zur Kleinpartei im einstelligen Prozentbereich geworden ist", sagt Karlhofer.
Die Grünen sind mit einem Plus von 29 Mandaten (bisher 43) "sehr zufrieden", wie Landessprecher Georg Willi sagt. Der Zuwachs erklärt sich durch wesentlich mehr antretende grüne Listen. "Die Grünen sind in den Gemeinden angekommen", sagt Karlhofer. Die Regierungsbeteiligung im Land habe hier Rückenwind gegeben. In Axams schaffte es die grüne Kandidatin gar in die Stichwahl. "Vor allem aufgrund der politischen Großwetterlage war es nicht einfach", gibt Willi aber zu. Von den acht größten wählenden Gemeinden gab es in fünf ein grünes Minus und nur in Telfs ein nennenswertes Plus.