Istanbul - Die endgültige Zusage der Türkei zur Übernahme des Kommandos über die internationale Schutztruppe in Afghanistan (ISAF) fehlt zwar noch, doch die Einzelheiten bis hin zu Personal und Zeitplan sind schon geklärt. Nach dem Willen der türkischen Militärführung soll General Akin Zorlu das Kommando der ISAF übernehmen und das Amt für den sechsmonatigen Zeitraum von Ende Juni bis Ende Dezember ausüben.
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Zorlu reiste am Mittwoch mit ein paar weiteren Offizieren nach Afghanistan, um die Übernahme des Kommandos vorzubereiten. Mit einer offiziellen Stellungnahme der türkischen Regierung zum ISAF-Kommando ist am Freitag beim Besuch des afghanischen Übergangspremiers Hamid Karzai in Ankara zu rechnen.
Zorlu und sein Stab sollen als "Aufklärungs-Gruppe" nach Afghanistan fliegen, teilte der Generalstab in Ankara mit. Dass die Armee-Führung den 54-jährigen Zorlu für das ISAF-Kommando auswählte, liegt an dessen internationaler Erfahrung. Der Heeres-Offizier studierte an einer US-amerikanischen Militär-Akademie und diente anschließend drei Jahre lang im NATO-Hauptquartier in Brüssel. Von 1999 bis zum vergangenen Jahr befehligte Zorlu die so genannte Südosteuropäische Brigade (SEEBRIG), eine Friedenstruppe aus sieben NATO- und Partnerstaaten mit Sitz im bulgarischen Plovdiv. Seit dem vergangenen Sommer leitet er die Grundsatz- und Planungsabteilung im Hauptquartier der türkischen Landstreitkräfte.
Nach monatelangen Verhandlungen mit den USA und Großbritannien hatte die Türkei in der vergangenen Woche ihre prinzipielle Bereitschaft zur Übernahme des ISAF-Kommandos erklärt. Einige technische Fragen müssten aber noch geklärt werden, hieß es in Ankara. Dabei geht es u.a. um die Kompatibilität des Materials, das die Türken von den Briten als derzeitigen ISAF-Anführern in Kabul übernehmen sollen. Auch die Verlegung von knapp 750 weiteren türkischen Soldaten mit Hilfe von US-Flugzeugen nach Kabul müsse noch geklärt werden; bisher hat Ankara erst 260 Soldaten entsandt.
Dass die Türkei die Führung der Truppe übernimmt, steht aber nicht mehr in Zweifel. Türkischen Presseberichten zufolge wurden auch Ankaras Geldforderungen erfüllt, vor allem durch Zusagen Washingtons. aber auch europäischer Länder. Ursprünglich wollte Großbritannien das ISAF-Kommando bereits in diesem Monat abgeben, musste den Einsatz aber verlängern, weil die Türkei als einzige Kandidatin für die Nachfolge so lange zögerte. Nachdem inzwischen auch der UN-Sicherheitsrat das ISAF-Mandat über den Juni hinaus verlängert und die Stationierung von Friedenssoldaten auf den Großraum Kabul begrenzt hat, sind die wichtigsten Bedingungen der Türkei nun erfüllt. Der Generalstab in Ankara spricht jedenfalls bereits schon von einem türkischen "ISAF-Kommando-Team" - ganz offiziell.