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Ein Generalstabschef ohne Einschränkung

Von Karl Majcen

Gastkommentare

In der Ausgabe vom 11. August befasst sich die "Wiener Zeitung" mit den Planungen zur Neugliederung des Verteidigungsministeriums als Teil des Reformprozesses im Bundesheer. Dabei hat man als Leser den Eindruck, dass eher mögliche personelle Maßnahmen ("Umfärbung") im Vordergrund der "Aufregung" stehen als überfällige strukturelle Regelungen.


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Für personelle Maßnahmen gibt es das Dienstrecht - und hier wird interessant sein, was der Minister angesichts des Auslaufens der Fünf-Jahres-Periode für eine größere Anzahl von Führungskräften macht und wie diese reagieren.

Zu hoffen ist aber, dass der Ressortchef im Sinne einer "Verschlankung" und transparenter Abläufe eine Struktur schafft, die endlich die Verantwortlichkeiten im Sinne moderner Unternehmensführung eindeutig zuordnet.

Das ließe eine zwei- bis dreiteilige Zentralstelle erwarten. Eckpunkt sollte die Bildung einer "Bundesheersektion" mit dem Generalstabschef an der Spitze sein. Ihm hätten alle Kompetenzen, die mit Führung, Ausbildung, Organisation und Einsatz zu tun haben, zugeordnet zu werden.

Mit einer klaren Definition, was organisatorisch zum Bundesheer gehört, gibt es dann Anordnungen nur vom Generalstabschef. Er ist Vorstand der Unternehmensleitung und erhält Richtlinien vom Bundesminister in dessen Funktion als Eigentümervertreter. Dieser hat ein Organisationselement, das ihn befähigt, dem Heer jene Mittel in finanzieller, legistisch-rechtlicher, beschaffungsmäßiger und grundsätzlich personeller Hinsicht zur Erfüllung der Aufgaben entsprechend den vom Generalstabschef auf Basis des politischen Auftrags zu formulierenden Bedürfnissen verfügbar zu machen.

Wie ein schlankes Kontrollelement, das dem Minister direkt untersteht, in die Struktur gefügt wird, ist unter dem Grundsatz: "Nicht mehr Kontrollore als Kontrollierte" zu überlegen.

Zur Bestellung des Generalstabschefs wäre ein spezieller Bestellungsmodus angebracht: Steht die Funktion zur Besetzung/Verlängerung an, erstellt der Verteidigungsminister einen Dreiervorschlag für das Parlament, das nach einem Beratungsvorgang (Hearing?) dem Bundespräsidenten einen gereihten Vorschlag zur Entscheidung vorlegt. Mit der Änderung des § 4 WG, wonach der Bundesminister seine Befehlsgewalt über das Bundesheer "im Wege über den Generalstabschef ausübt", sollten die Stellung des Generalstabschefs und seine Verantwortung, samt direkter Informationsmöglichkeit gegenüber dem Parlament, unterstrichen werden.

Bleibt die Frage: Traut sich der Minister, aus einem Generalstabschef auf der Basis einer jederzeit änderbaren Geschäftseinteilung einen für die Vorgänge im Bundesheer eindeutig zuständigen und verantwortlichen Funktionsträger ohne bürokratische und sonstige Handlungseinschränkungen zu machen?

General Karl Majcen war von 1990 bis 1999 Generaltruppeninspektors des Bundesheeres.