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Taiwan bekommt mit der Programmiererin Audrey Tang ein neues Regierungsmitglied.
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Audrey Tang ist hochintelligent und eigentlich schon seit zwei Jahren in Pension. Doch nun, da ihre Heimat Taiwan sie braucht, folgt sie diesem Ruf und wird ab 1. Oktober Ministerin. Zwar ohne Portfolio, aber jemanden mit ihrer Erfahrung und ihrem IQ kann man gewiss in jeder Regierung gut brauchen. Wer jetzt an eine Frau auf dem Weg zum 70er denkt, ist auf dem Holzweg. Denn Tang ist gerade einmal 35 Jahre alt und auch eine Frau ist sie - nach einer Geschlechtsumwandlung - erst seit gut zehn Jahren.
Tangs IQ wird mit 180 angegeben (bei normalen Menschen liegt dieser Wert irgendwo um die 100; Einstein soll einen von 160 gehabt haben). Allein schon die Beschreibung ihrer Verdienste zu verstehen, überfordert die meisten Menschen. In Wikipedia erfährt man, dass Tang "vor allem innerhalb der Perl-Gemeinschaft als Erfinderin und Hauptentwicklerin des PAR-Werkzeuges und Initiatorin und Führerin des Pugs-Projektes bekannt ist". Weiß man, dass Perl eine Programmiersprache ist, kann man sich immerhin vorstellen, dass Tang in Sachen Computer und Programmieren ein Jass ist.
Und das von Kindheit an. Als zu Beginn der 1990er Jahre das World Wide Web das Licht der Welt erblickte, war der damals zwölfjährige Tang begeistert. Er brach (mit Einverständnis des Direktors) die Schule ab. Da er offenbar schon schlau genug war, brachte er sich das, was er wissen musste - in seinem Fall Programmieren -, selbst bei. Und weil das so gut geklappt hat, ist (mittlerweile) sie bis heute eine große Verfechterin der Autodidaktik (allerdings ist ja nicht jeder mit so einem hohen IQ gesegnet).
Im Alter von 14 Jahren gründete Tang sein erstes Start-up - eine Suchmaschine für Texte auf Mandarin. Die ist gut gelaufen und hat sogar Intel als Investor angezogen. In diesem Stil ging es weiter: Start-up gründen, Start-up verkaufen, Start-up gründen... Bis Tang sich im Alter von 33 Jahren dazu entschloss, in Pension zu gehen ("Ich habe 20 Jahre durchgearbeitet. So gesehen ist das gar nicht so verrückt", erklärte Audrey Tang der französischen Internetzeitung "Rue89"). Das bedeutete aber nicht, dass ihr Leben von da an von Inaktivität gezeichnet war. Im Gegenteil: Mehr und mehr engagierte sie sich politisch im Netz.
Sie rief die Plattform g0v (gov-Null) ins Leben. Gemeinsam mit ein paar Hackern veröffentlichte sie dort - übersichtlich und schön aufbereitet - alle Budgetzahlen der Regierung. Dies nicht zuletzt, um für mehr Transparenz zu sorgen und um die Bürger mehr in die Politik ihrer Regierung zu involvieren. Später, als Studenten der sogenannten Sonnenblumen-Bewegung gegen ein geplantes Handelsabkommen mit China protestierten und das Parlament besetzten, schuf Tang eine Seite, auf der entsprechende Diskussionen geführt und übertragen wurden.
Es baute sich ein öffentlicher Druck auf, der schließlich dazu führte, dass die Regierung das Abkommen aussetzte. Vor zwei Jahren gründete Tang "vTaiwan", eine Seite, auf der die Bürger über aktuelle Gesetzesvorhaben und Themen wie Uber oder Airbnb debattieren und so der Regierung Anregungen geben können. Diese Vision integrativer Demokratie kam offenbar in Taipeh gut an, wo man diesen Weg mit Tangs Ernennung zur Ministerin offenbar vorantreiben will.