Zum Hauptinhalt springen

Ein Geschenk an Real

Von Christoph Rella

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Man fühlte sich zunächst an das EM-Finale vor zwei Jahren in Paris erinnert: Portugal verlor damals bald nach Spielbeginn seinen Schlüsselspieler, Cristiano Ronaldo. Verletzt, aus, vorbei. Tränen flossen, die Fans geschockt. Am Samstag beim Champions-League-Endspiel in Kiew ein ähnliches Bild. Diesmal "erwischte" es Mo Salah. Wieder Tränen, wieder Fassungslosigkeit bei den Anhängern. Portugal konnte ohne Ronaldo existieren, Liverpool aber auch ohne Salah? Zu stark war offensichtlich das ganze Programm auf den Ägypter ausgerichtet, daran änderte auch der Ausfall von Real-Verteidiger Dani Carvajal, der nicht ganz ideal durch Nacho ersetzt wurde, nichts. Die Erleichterung der Spanier war jedenfalls spürbar.

Die große Frage nach Seitenwechsel lautete: Hat Jürgen Klopp ein Plan B? Ja, den hat er sicher gehabt – und er wäre vielleicht auch aufgegangen, wenn nicht die beiden grandiosen, fast skandalösen Blackouts von Reds-Goalie Loris Karius gewesen wären. Sadio Manés fulminanter Treffer zum Ausgleich bewies das, genauso dessen Schuss gegen die Stange in der 70. Minute. Aber so? Erst der Patzer beim Auswerfen des Balls, dann beim Abwehren eines mehr oder weniger scharfen Weitschusses von Gareth Bale. Was wäre dabei gewesen, den Ball wegzufausten? So etwas darf in der Königsklasse einfach nicht passieren. Damit war auch klar: Die Schwachstelle, die Real nach dem Ausscheiden von Salah so verzweifelt beim Gegner gesucht hat, stand im Tor.

Aber Karius und Salah – Diagnose Schulterluxation – waren an diesem Abend nicht die einzigen Verlierer, sondern auch gewissermaßen Ronaldo. Er kam in der zweiten Spielhälfte gar nicht mehr richtig vor, wurde klar von Bale in den Schatten gestellt. Sein Ballrückzieher zum 2:1 war eindeutig das Highlight in Kiew und hat das Zeug zum "Tor des Jahres". Damit steht Real Madrid also – zum dritten Mal in Folge – als Champion fest. Und "The Normal One" muss weiter auf einen Finalsieg warten. Man muss fast Mitleid mit Klopp haben. Es war ein hartes Spiel, aber auch eines mit viel Pech. Und der Titel letztlich ein Geschenk.