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Ein Geschenk der Regierung

Von Hermann Schlösser

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Am Sonntagabend wurde eine neue Institution aus der Taufe gehoben: Das "Konzert für Österreich". Es ist ein Geschenk der Bundesregierung an das österreichische Volk und soll künftig an jedem Nationalfeiertag stattfinden. Warum das erste Konzert dieser Art im Sommer über die Bühne ging, blieb unerfindlich. Jedenfalls spielten die Wiener Philharmoniker unter Seiji Ozawas Leitung in der Staatsoper, und die vielen Regierungsmitglieder im Publikum bewiesen, welche Bedeutung dem Ereignis beigemessen wird.

Natürlich wurde das Konzert aufgezeichnet und zeitversetzt um zirka drei Stunden in ORF 2 gesendet. Zeitgleich konnte man die Aufführung schon auf dem Herbert-von-Karajan-Platz neben der Staatsoper auf einem großen Bildschirm verfolgen. Ich habe beide Übertragungen angeschaut, mit durchaus unterschiedlichen Gefühlen. Auf dem großen Schirm mit seinen enorm kraftvollen Lautsprechern wirkte das Ganze eher derb. Die Polka "Ohne Sorgen" von Joseph Strauß, die den sinnigen Abschluss des Regierungsgeschenks bildete, erklang in mitreißendem Schwung. Schuberts "Unvollendete" fiel dagegen ab, denn viele Nuancen dieser reichen, melancholischen Musik gingen verloren. Doch lag das vielleicht nicht am Dirigenten, sondern am Tonträger. Als ich die Symphonie später noch einmal in Zimmerlautstärke hörte, gefiel sie mir besser. Dafür war die Polka nicht mehr so schwungvoll wie auf dem Karajan-Platz. Nun bin ich gespannt auf die Meinung der Kollegen Musikkritiker, die das Ereignis im Saal verfolgt haben. Wahrscheinlich haben sie noch etwas anderes gehört als ich.