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Ein geschminkter König

Von Simon Inou

Politik

Alljährlich gehen am 6. Jänner, dem Tag der Heiligen Drei Könige, tausende Kinder in Österreich als Caspar, Melchior und Balthasar von Tür zu Tür, verkünden die Geburt Christi, wünschen Glück und Segen für das neue Jahr und sammeln Spenden für bedürftige Menschen, auch für den Süden dieser Erde. Dieser Tag könnte ein Zeichen für Akzeptanz, Toleranz und Integration werden.


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Die kleinen Könige - verkleidet, wie wir uns heute die drei Heiligen vorstellen - wünschen nicht nur Frieden, sondern singen auch als Botschafter der Nächstenliebe für Arme in der Dritten Welt.

In unseren Häusern sind sie immer willkommen. Auf unsere Türen schreiben sie mit geweihter Kreide "20 C+M+B 02". Es bedeutet "Christus Mansionem Benedicat" ("Christus segne dieses Haus"). Nur selten kommt es vor, dass jemand gar nichts geben möchte.

Das Geld, das gesammelt wird, unterstützt auch Menschen in den Ländern des Südens. Einige Projekte werden gefördert, Leben werden gerettet, Hoffnung wird gegeben. Durch diese Projekte lernen diejenigen, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit engagiert sind und die aus Österreich kommen, andere Gesichter, andere Kulturen und andere Menschen kennen. Das macht Freude. Die Welt globalisiert sich...

Doch langsam: Es ist leicht zu sehen, dass der Heilige Caspar hierzulande ein "schwarzes" Gesicht und "weiße" Hände hat, um die Rolle eines "Schwarzen" zu spielen. So wie in manchen amerikanischen Filmen weiße Schauspieler mit Schuhcreme im Gesicht Schwarze mimten. Heute würde letzteres als politisch unkorrekt bezeichnet werden.

Vor vielen Jahrhunderten versinnbildlichten die drei Könige die drei damals bekannten Kontinente Europa, Asien und Afrika. Wäre es nicht schön, wenn unsere Sternsinger heute auch als Zeichen der Integration gelten würden? Vielleicht könnten afrikanische Kinder das schwarz angemalte Gesicht in der Gruppe ersetzen. Vielleicht wird auch ein Kind aus Asien Balthasar sein.

Wir sollten nicht nur von der Globalisierung sprechen, sondern die eine Welt in ihrer Vielfalt praktizieren - für eine Welt der aktiven Solidarität.