)
Flame ersetzt EU-Ratspräsidenten Van Rompuy. | Ein glanzloser Ex-Premier an der Regierungsspitze. | Brüssel. Bei den Wahlen im Juni 2007 war er mit 800.000 Vorzugsstimmen der Star. Bei der neuerlichen Vereidigung des flämischen Christdemokraten Yves Leterme zum belgischen Premier durch König Albert II. gestern, Mittwoch, war von diesem Glanz nichts mehr übrig.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Zwei Mal hatte Leterme vergeblich versucht eine Regierung zu bilden, am Ende musste er nach einigen Monaten wegen einer Justizaffäre im Zusammenhang mit dem Verkauf der Fortis-Bank im Fahrwasser der Finanzkrise zurücktreten.
Polarisierer
Jetzt darf sich der Flame noch einmal an der Regierungsspitze Belgiens versuchen, nachdem sein Parteifreund und Vorgänger im Premiers-Amt, Herman van Rompuy, demnächst sein Büro als EU-Ratspräsident bezieht. Es handle sich um seine letzte Chance, sich in der belgischen Spitzenpolitik zu bewähren, sind sich Zeitungen aus beiden Landesteilen einig. Denn Van Rompuy hat es im letzten Jahr geschafft, die heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Flamen im Norden Belgiens und den französischsprachigen Wallonen im Süden zu schlichten. Der als flämischer Hardliner bekannte Leterme hatte davor eher für weitere Eskalationen gesorgt. Nicht einmal der König traut ihm offenbar zu, die beiden Volksgruppen in Zukunft zusammenzuhalten. Daher stellte er ihm den Ex-Premier und Politik-Veteranen Jean-Luc Dehaene zur Seite, der sich anstatt des Premiers um die internen Kernprobleme in Belgien kümmern soll.
Streit Flamen-Wallonen
Dabei geht es langfristig um eine Staatsreform, bei der die Kompetenzen zwischen der Zentralregierung und den Regionen neu geordnet werden sollen. Die Flamen, bei denen die Wirtschaft brummt, wollen zunehmend selbst bestimmen, was sie mit ihrem Geld machen. Die Wallonen, die nach Zusammenbruch von Schwerindustrie und Bergbau wirtschaftlich daniederliegen, sind strikt dagegen. Sie fürchten um die bis zu zehn Milliarden Euro schweren Transferleistungen pro Jahr.
Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg; Dehaene soll sich als ersten Schritt einer seit Jahren steckenden Reform der Wahlsprengel um Brüssel annehmen. Denn da immer mehr französischsprachige Brüsseler in die flämischen Umlandgemeinden ziehen, soll der einzige zweisprachige Wahlbezirk Brüssel-Halle-Vilvoorde neu organisiert werden. Bis Ostern hat Dehaene Zeit, um einen Kompromiss auf den Tisch zu legen.