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Ein Glücksfall für die Geschichte

Von Walter Hämmerle

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Glauben Sie nicht, illegale Substanzen wären mit im Spiel: Aber Erwin Pröll wäre beinahe ein Steirer geworden und Hermann Schützenhöfer ein Niederösterreicher wie Michael Häupl.


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"Am Sonntag fand die Wahl zum Bundespräsidenten statt und heute kann ich Erwin Pröll in der Hofburg begrüßen". Also hieß der steirische ÖVP-Obmann Hermann Schützenhöfer am Montagabend im Dachfoyer der Hofburg die Gästeschar willkommen zur Feier "10 Jahre steirisches Jahrbuch für Politik".

Der Spruch war natürlich aufgelegt nach dem demokratiepolitisch wenig gelungenen Wahlkampf um das höchste Amt im Staat, das der nicht uneitle niederösterreichische Landeshauptmann so gerne selbst angetreten hätte. Allein, die Partei und sein Neffe Josef, immerhin ÖVP-Obmann und Finanzminister, wollten nicht so recht an seine Siegchancen glauben.

Die Hofburg-Wahl hatten die anwesenden Steirer allerdings geistig längst abgehakt, wählt die Grüne Mark doch am 26. September einen neuen Landtag. Um dafür die Trommeln zu rühren, war auch der wirkliche Grund für den Auftritt Schützenhöfers in der Bundeshauptstadt. Dass für diesen Zweck ausgerechnet Prölls Onkel aufgeboten wurde, verwunderte aber doch. Immerhin gilt die Rivalität zwischen den beiden Ländern als legendär, und da ist vom ewigen Streit um den Semmering Basistunnel noch gar nicht die Rede.

Aber solche Fragen blieben dann doch lieber ausgespart, stattdessen beschworen beide Politiker den Schulterschluss der Länder, sollte der Bund auf die Idee kommen, ihnen etwa Geld und/oder Kompetenzen wegzunehmen. ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf nahm’s von der ersten Reihe fußfrei aus gefasst zur Kenntnis.

Mehr dürfte Kopf da schon verwundert haben, dass Pröll wie Schützenhöfer die jüngste Steuerreform von drei Milliarden Euro taxfrei zur politischen Dummheit erklärten. Man hät’s ja auch gleich den Ländern geben können ...

Der Dritte im Bunde an diesem Abend wäre eigentlich zum Spielverderber berufen gewesen. Doch Veit Sorger, Steirer und amtsbekannt als Präsident der Industriellenvereinigung, der ansonsten vor keinem Sparappell zurückschreckt, gab sich handzahm: Mehr als ein allgemein gehaltener Aufruf, die Verwaltungsapparate auf allen Ebenen zu überdenken, wollte ihm im Angesicht der Landesfürsten nicht über die Lippen kommen. Das, Herr Sorger, haben wir auch schon mutiger gehört.

Ansonsten erfuhren wir an diesem Abend noch, dass Hermann Schützenhöfer eigentlich ein geborener Niederösterreicher ist und Erwin Pröll beinahe beruflich in der Steiermark gelandet wäre. Nicht auszudenken, wenn dann auch noch Michael Häupl dort geblieben wäre, wo ihn die Mutter zur Welt brachte: In Niederösterreich. Die Geschichte der Zweiten Republik hätte in diesem Fall umgeschrieben werden müssen.