Moldawien legt seine Grenzen zur Ukraine fest - und baut jene zu Rumänien immer mehr ab.
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Es ist ein einfacher Grenzstein, nicht einmal mannshoch. Doch seine Aufstellung war wichtig genug, um Delegationen zweier Staaten mitten in ein unbewohntes Stück Land zu schicken.
Die Ukraine und Moldawien wollen ihre Grenzen markieren - und der erste Stein wurde besonders feierlich gelegt. In der Nähe des Ortes Bolshaya Koshnitsa, am südwestlichen Ende der Ukraine ging die Zeremonie über die Bühne. Sie war der Anfang eines Prozesses, an dessen Ende offiziell feststehen soll, wo genau die 452 Kilometer lange Trennlinie zwischen den beiden Ländern verläuft. Es ist nicht der einzige Abschnitt, den die Ukraine - wie andere ehemalige Sowjetrepubliken auch - nach dem Zerfall der UdSSR markieren muss; sie hat ebenso mit Weißrussland und Russland einiges zu regeln.
Doch mit Moldawien gibt es ein zusätzliches Problem. Über weite Strecken grenzt die Ukraine an Transnistrien. Die Provinz mit mehrheitlich russischsprachiger Bevölkerung hat sich 1992 von Moldawien abgespalten. Und die Separatisten befanden, sie seien die eigentlichen Ansprechpartner für die Demarkation ihrer Grenze - ungeachtet dessen, dass kein Staat und keine internationale Organisation Transnistrien anerkennt. Immerhin hat Tiraspol mittlerweile bekundet, die Demarkation nicht behindern zu wollen. Aber auch nur solange diese auf ukrainischem Territorium passiert.
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Auf der anderen Seite Moldawiens, an dessen südlicher Grenze geht der Trend hingegen Richtung Öffnung. Am morgigen Freitag errichten Rumänien und Moldawien einen neuen Übergang bei Radauti Prut-Lipcani. Bukarest sieht die Moldawier als Brudervolk an, dessen Sprache identisch mit dem Rumänischen ist. Deswegen wird nun auch der letzte Stacheldraht entlang der Grenze entfernt und sollen Moldawier in Zukunft schneller als bisher die rumänische Staatsbürgerschaft - und damit einen EU-Pass - erhalten können.
Der rumänische Präsident Traian Basescu lässt kaum eine Gelegenheit aus, um für eine Annäherung eines der ärmsten Länder Europas an die EU zu werben. Sein erster Auslandsbesuch nach seiner Wiederwahl im Dezember führte ihn in die moldawische Hauptstadt Chisinau; in Brüssel plädierte er für eine europäische Perspektive für den Nachbarn. Der könnte sich doch in den Plänen der EU-Erweiterung um die Westbalkanstaaten wiederfinden, suggerierte Basescu.
Unterstützung gibt es auch in Form von Geld. Die Regierung in Bukarest hat eine Finanzhilfe für Moldawien beschlossen. Innerhalb von vier Jahren sollen 100 Millionen Euro in Infrastruktur-, Transport- und Kulturprojekte fließen. Das entspricht immerhin einem Viertel jener Summe, die Moldawien nun vom Internationalen Währungsfonds erhält. Der gewährt Chisinau zwei Kredite über rund 574 Millionen US-Dollar.
Nicht alle sind jedoch von den Zusagen aus Bukarest erfreut. Kommunisten in Moldawien bezichtigen Rumänien, sich das Land einverleiben zu wollen. Auch deswegen hält Transnistrien an seiner Abtrünnigkeit fest.