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Ein Griff an die belgische Nase

Von Edwin Baumgartner

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Es ist halt ein Gwirks mit dem Gérard Mortier, also: ein Krampf, um nicht nur wienweit verständlich zu sein. Weil - recht hat er schon, wenn er den Wiener Philharmonikern mitteilt, sie würden besser spielen, würden sie nicht von Probe zu Probe die Musiker wechseln. Und er hat auch recht, dass die Wiener Staatsoper in einem Abgrund der Langeweile versinkt, weil Dominique Meyers Verständnis von Neuem Musiktheater darin gipfelt, alte Repertoirehadern regietheatralisch neu herzurichten.

Aber wenn einer im Glashaus sitzt, dann traut man seinen Ermahnungen nicht, oder so ähnlich halt.

Denn eben jener Gérard Mortier macht als Chef des Teatro Real just dasselbe: In Madrid also klopft Rossinis "Barbier" Donizettis "Liebestrank" auf die Schultern, um auf Verdis "Sizilianischer Vesper" mit Wagners "Tristan und Isolde"-Liebestrank anzustoßen und seinen "Lohengrin"-Schwan zu braten.

Dass die Neuen Sachen stärker beteiligt scheinen, liegt daran, dass zwei Werke des modernen Musiktheaters in einem Angebot von insgesamt zwölf Opern deutlicher hervortreten als in einem Angebot von insgesamt fünfzig Werken vier einschlägige Stücke - wie in Wien.

Dennoch hat er recht, der Gérard Mortier. Nur sollte er vielleicht so formulieren, dass den Beobachter nicht die Mahnung juckt, der zungenflinke Belgier möge sich an der eigenen Nase fassen. Denn gerade Mortiers undiplomatische Formulierungslust steht auch im Weg, will man ihn als den besten Intendanten bezeichnen, den die Salzburger Festspiele in den letzten 50 Jahren hatten.