Werner Kogler wünscht den Hypo-Gläubigern Glück beim Geldeintreiben. Der grüne Fraktionsführer im U-Ausschuss über geschwärzte Akten und grüne Rosen für einen schwarzen Minister.
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"Wiener Zeitung": Im U-Ausschuss ändert sich stündlich etwas. Wo stehen wir jetzt?Werner Kogler: Heute, Dienstag, haben wir das große Treffen. Es kommen die Sektionschefs des Finanzministeriums. Da haben wir einen informellen Untersuchungsausschuss zu den Schwärzern. Auffällig ist, dass die Ankündigung Wirkung zeigt (Kogler will in letzter Konsequenz auch Finanzminister Hans Jörg Schelling als Zeuge laden, wenn es keine Lösung bei den geschwärzten Akten gibt; Anm. der Red.). Es wird damit das Einlenken des Finanzministers umgesetzt.
Wird danach nicht mehr geschwärzt?
Es ist zumindest ein Abgleich der Rechtsmeinungen. Der große Streit wird sein, was außerhalb des Untersuchungsgegenstands liegt und was nicht. Es gibt ein paar, die auch aus Sicht der Schwärzer innerhalb des Untersuchungsgegenstandes sind und dann berufen sie sich aber auf das Bankgeheimnis. Das geht nach der neuen Gesetzeslage nicht. Das Ziel ist, dass wir alle Akten ungeschwärzt bekommen. Ob die Schwärzer einsichtig sind, ist die andere Frage.
Der U-Ausschuss macht in der Öffentlichkeit eher mit Zank und Querelen rund um geschwärzte Akten und anonyme Zeugenlisten denn mit tatsächlicher Aufklärung auf sich aufmerksam.
Urheber all dieser Schritte der Intransparenz sind Rot und Schwarz. Das ist nicht irgendein Streit, das ist eine Auseinandersetzung um die wichtigsten demokratischen Instrumente in der repräsentativen Demokratie. Das kann man ja nicht durchgehen lassen. Was die Hypo betrifft: Gerade, wo es gaunerhaft wird, sind die Akten geschwärzt. Das Gleiche bei den Zeugenlisten. Ohne Streit könnten wir heute wieder nicht darüber reden, wer die Zeugen sind.
Was glauben Sie, was Rot und Schwarz für ein Interesse hätten, nicht so tiefgründig zu arbeiten, wie Sie sagen?
Da muss ich kein Interesse unterstellen. Es ist nur auffällig, dass es bisher so war. Ich will die KollegInnen nicht grundsätzlich schlechtmachen. Das sind gar nicht der Herr Krainer oder die Frau Tamandl (die Fraktionsführer von SPÖ und ÖVP; Anm.), sondern die Nationalbank, die Finanzmarktaufsicht, die diese Akten so liefern. So habe ich aber eine doppelte Rot-Schwarz-Allianz. Was ist denn die Notenbank sonst seit 30, 40 Jahren? Da ist ja jeder Blumentopf rot oder schwarz.
Der Ausschuss ist auf ein Jahr begrenzt. Werden Sie eine Verlängerung beantragen?
Ja, man muss davon ausgehen, weil aufgrund dieser rot-schwarzen Blockadepiruetten die ganze Sache nicht ausreichend rasch in der Spur ist. Und die Regierung wäre gut beraten, sich von vornherein mit uns darauf zu verständigen.
Sie haben Kilometer an Akten bekommen. Können Sie überhaupt alles bearbeiten?
Die 5000 Meter müssen einen nicht schrecken, wenn sie bearbeitbar sind und Suchfunktionen haben. Je nach Geheimhaltungsstufe gibt es unterschiedliche Arbeits- und Einsichtmöglichkeiten. Die meisten sind aber elektronisch bearbeitbar. Und dabei havariert es. Es haben viele so geliefert, dass die Akten überhaupt nicht einspeisbar sind, obwohl es Vorgaben gab. Solange die Akten nicht bearbeitbar sind, ist die Zeugenbefragung nicht besonders verantwortungsvoll. Das kann dazu führen, dass man manche Leute im Lichte neuer Aktenerkenntnisse noch einmal laden muss. Wir jammern nicht über die sogenannte Aktenflut, wie andere. Das Problem ist eine Fülle von nicht bearbeitbaren Akten. Momentan sind nur 30 Prozent bearbeitbar.
Was steckt in diesen Akten?
Ein ganz großer Kriminalroman.
Es gab einen Rechnungshofbericht, den Griss-Bericht, die CSI-Hypo, die Soko-Hypo, hunderte Strafverfahren rund um die Hypo. Was kann ein politischer U-Ausschuss noch zutage fördern, was all diese Dinge nicht geschafft haben?
Der Rechnungshofbericht und der durchaus umfassende Griss-Bericht haben nicht die Möglichkeit, so tief in die Akten zu gehen wie wir. Wir haben ja sehen können, wie im Minutentakt, über mehrere Jahre in völlig unverantwortlicher Weise in Summe Milliardenkredite hinübergeschoben wurden. Wir können jetzt das beweisen, wo sie Vermutungen angestellt haben; zum Beispiel fehlende Kreditkontrolle, fehlende Risikoanalyse.
Wollen Sie Wolfgang Kulterer, den ehemaligen Hypo-Boss, auf der Zeugenbank sehen?
Möglicherweise schon, wenn es darum geht, wie die politischen Einflussnahmen gelaufen sind. Und das war ja nicht nur der Herr Haider (Ex-Landeshauptmann Jörg Haider, Anm.) allein. Das waren auch schwarze Politiker. Und letztlich hat die SPÖ oft nur zugeschaut.
Was erwarten Sie konkret von diesem Ausschuss?
Dass die Effekte dieser Untersuchungen viel Steuergeld zurückholen. Weil Aufklärung dazu führt, dass die Zuständigen in der Aufsicht künftig die Banken genau prüfen werden. Insbesondere, wenn die Banken sich um Staatsgeld angestellt haben. Dass die Investoren besser überlegen, wo sie ihr Geld hinschieben. Das Zweite ist: Wir haben die Aufsichtsinstitutionen - die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht -, die in Zukunft mit noch wichtigeren Aufgaben betraut sein werden. Wir brauchen sie vor allem in einem funktionierenden Zusammenspiel. Da kann man einen großen Beitrag leisten, indem man die Schwachstellen aufzeigt. Ich hoffe es gelingt uns zu beweisen, dass es auch für die Investoren unverantwortlich unvorsichtig war, sich auf diese Haftungen zu verlassen. Das geht in die Jahre 2004 bis 2007 zurück, da wären jetzt die 10-jährigen Anleihen zurückzuzahlen. Jetzt gibt es aber einen Zahlungsstopp.
Wie beurteilen Sie den Zahlungsstopp, den Finanzminister Hans Jörg Schelling Ende März ausgerufen hat?
Das haben wir eine gemeinsame Linie mit dem Finanzminister. Die ist aber nicht leicht durchzuhalten. Da schießen sie uns von überall in die Hütte. Da kommt es sogar auf die Opposition an, weil ein Minister allein das da drinnen gar nicht durchhält. Je mehr der Beweis gelingt, dass diejenigen, die der Bank damals das Geld gegeben haben, unvorsichtig waren, desto leichter ist es, den Zahlungsstopp zu rechtfertigen. Dann gibt es etwas Ähnliches wie eine Pleite, und die Investoren müssen einen Beitrag leisten.
In einem Jahr läuft der Zahlungsstopp aus und dann werden diese Forderungen wieder schlagend.
Ob und inwieweit die Kärntner Haftungen eine Rolle spielen, ist offen. (Derzeit muss der Bund de facto für die Rückzahlungen an die Gläubiger geradestehen, Anm.) Den Investoren kann man nur viel Glück wünschen, falls doch Kärnten allein haften muss. Bei einem Schuldenschnitt von 50 Prozent bleiben bei elf Milliarden Landeshaftungen 5,5 Milliarden übrig. Jeder vernünftige Mensch weiß, dass in Kärnten bei einem Budget von zwei Milliarden keine fünf Milliarden zu holen sind, sondern vielleicht 500 Millionen. Das sind zehn Prozent. Wenn ich hier an ein Pleiteszenario von Kärnten denke, brauchen sich weniger die Kärntner zu fürchten, sondern die unvernünftigen Investoren. Sie haben dann eine Quote von zehn Prozent für ihre Forderungen. Denen kann ich als Bund Verhandlungen anbieten. Bevor ich als Investor nämlich auf bloß 500 Millionen zugreifen muss und dafür zehn Jahre vor Gericht streite, dann nehme ich doch lieber eine mir angebotene Milliarde. Insgesamt wären dann von dem akuten Acht-Milliarden-Loch immer noch sechs bis sieben Milliarden gerettet. Schelling ist ja kein dummer Mensch. Er ist einer der Schlaueren und einer mit Rückgrat. Wann hatten wir denn schon so einen?
Was würden Sie eigentlich Jörg Haider sagen, wenn er noch am Leben wäre?
Nichts. Ich würde ihm ein paar Fragen stellen.
Zur Person
Werner Kogler
(53) ist seit 1999 Abgeordneter zum Nationalrat sowie Budget- und Finanzsprecher der Grünen. Der studierte Volkswirt ist zudem stellvertretender Bundessprecher der Grünen und ein U-Ausschussveteran. Nach dem Banken- und Eurofighter-U-Ausschuss ist der Hypo-U-Ausschuss sein dritter.